Pen User Interfaces

Ina Zumbruch, 2004-11-13

Pen User Interfaces zeichnen sich dadurch aus, dass der User Daten mit einem Stift eingeben kann. Angefangs wurden diese Stifte meist bei CAD-Anwendungen eingesetzt. Heutzutage jedoch kommt diese Art der Interfaces meist bei kleinen Displays, wenn kein separates Keyboard vorhanden ist, zum Einsatz (z.B. bei PDA's). Deshalb soll im Folgenden auf diese Nutzung der Pen User Interfaces eingegangen werden. Die häufigsten Methoden, die Eingabe zu realisieren, sind dabei Handschrifterkennung, Spezialschrift und Softkeyboard. Im Folgenden werden die einzelnen Verfahren näher erläutert.

Handschrifterkennung

Eine richtige Handschrifterkennung ist zwar wünschenswert, aber da jeder Mensch eine andere Handschrift hat und somit jeder Buchstabe und jede Buchstabenfolge unterschiedlich sind, ist es schwierig, dies zu realisieren - zumindest ohne eine größere Fehleranzahl. Leichter wird es, wenn man die jeweiligen Regeln, der benutzen Sprache, kennt. So kann beispielsweise ermittelt werden, welche Buchstaben oft verwendet werden und in welchem Zusammenhang sie in der Regel stehen. Eine weitere Verbesserung ist auch die Verwendung eines Wörterbuchs. So kann der User aus einer Liste von möglichen Wörtern das richtige Wort auswählen. Aber auch die Verwendung eines Wörterbuches hat Nachteile, z.B. großer Speicherbedarf und Aktualisierungsbedarf (z.B. bei Namen).

Spezialschrift

Ein anderer Ansatzpunk ist eine Spezialschrift. Beim speziellen Alphabet, das beispielsweise von Palm benutzt wird, wird die Zeichenerkennung mittels einer solchen Spezialschrift realisiert. Dabei muss der Benutzer ein eigens für diesen Zweck angelegtes Alphabet lernen. Dieses ist zwar an den lateinischen Buchstaben angelehnt, aber die einzelnen Buchstaben werden zur besseren Unterscheidung durch die Software stark vereinfacht. Besonders wenn Benutzer den PDA nur selten benutzen, bedeutet dies einen unverhältnismäßig hohen Lernaufwand. Die meisten Benutzer werden, wenn eine gewisse Zeit zwischen den einzelnen Benutzungen liegt, das Alphabet erneut lernen müssen. Andererseits ist aber auch zu vermuten, dass bei regelmäßigem Gebrauch, durch die Einfachheit der einzelnen Buchstaben, eine Zeitersparnis eintritt.

Virtuelles Keyboard

Beim Softwarekeyboard wird ein Keyboard direkt auf dem Display abgebildet ("Virtuelles Keyboard"). Da die herkömmlichen Keyboards aber ergonomisch auf das Tippen mit 10 Fingern abgestimmt sind, ist die Eingabe mit einen Stift mühsam. Eine andere Anordnung der einzelnen Tasten kann erwogen werden, da der Benutzer jedoch an die herkömmliche Tastatur (z.B. QWERTZ) gewöhnt ist, muss auch hier ein zeitaufwendiges Umlernen erfolgen. Doch trotz allem braucht der Benutzer viel Zeit, wenn er auf jeden einzelnen Buchstaben tippen muss.

Im folgenden werden nun zwei spezielle Möglichkeiten des Pen User Interfaces vorgestellt:

Ein Ansatz ist das Shorthand Aided Rapid Keyboarding (SHARK) von Zhai und Kristensson [ZhKR03]. Zhai und Kristensson haben herausgefunden, dass die Buchstaben vieler Wörter auf der Tastatur miteinander verbunden sind und dass es viel einfacher ist, eine Texteingabe zu realisieren, bei der der Stift nicht mehr abgesetzt und nur noch über die gewünschten Buchstaben gefahren werden muss. Da sich die Buchstaben-Anordnung der QWERTY-Tastatur für erste Studienzwecke nicht eignet , haben sie das sog. ATOMIK-Keyboard genommen (Die am häufigsten benutzen Buchstaben liegen bei der QWERTY-Tastatur historisch bedingt am weitesten auseinander, da sich bei Typenhebelschreibmaschine sonst die einzelnen Hebel "verhedderten".).

Kristensson und Zhai haben SHARK aber weiter verbessert und SHARK² entwickelt [ZhKR04]. Die neue Version erkennt Wörter nun noch besser. In der ersten Version musste, bei nicht häufig gebrauchten Wörtern, noch auf den "Eintipp-Modus" umgestellt werden, dies entfällt bei SHARK². Dieses System erkennt nun jedes Word aus einem großen Vokabelschatz (z.B. 10.000 - 20.000 Wörter). Zhai und Kristensson haben weiterhin das ATOMIK-Keyboard verwendet, weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass SHARK² auch auf jeder anderen Tastaturbelegung (z.B. QWERTZ) benutzt werden kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist außerdem das Output Interface, da nicht jedes Wort auf Anhieb richtig erkannt werden kann. Eine Möglichkeit wäre die Ausgabe der Wörter über Lautsprecher. Dies könnte aber auf die Umwelt störend wirken. Kristensson und Zhai haben es in Form eines "text stream editors" über dem eigentlichen SHARK² Keyboards realisiert. Schreibt der User ein neues Wort, das die Software noch nicht kennt, erscheint es im "text stream editor", der wiederum unterhalb des geschriebenen Textes erscheint. Da sich der Editor im visuellen Blickfeld des Users befindet, kann er schnell das richtige Wort aus der Liste auswählen. Ist das Wort nicht enthalten, besteht noch die Möglichkeit, es zu "buchstabieren". Diese Funktion ist ähnlich zum heute verwendeten T9-Wörterbuch im Handy.

Die beschriebenen Verbesserungen sind für westliche Sprachen gut geeignet, für asiatische dagegen weniger, da dort tausende Buchstaben verwendet werden. Sogar mit einen Keyboard ist es nicht leicht, einen bestimmten Buchstaben einzugeben. Daher wurden vielfältige Techniken entwickelt. Die in Japan gebräuchlichste Form ist die "Roman-Kanji conversion" (RKC) [Tosh98] . Dabei gibt der User die Aussprache eines Wortes mit einem ASCII Keyboard an (japanische Zeichen bestehen aus zwei Zeichen: Kanji-Buchstaben beinhalten Bedeutung und Aussprache, während Kana-Buchstaben nur die Aussprache repräsentieren). Der Computer schlägt ein Wort vor, wenn es nicht das gewünschte Wort ist, muss der User weiter blättern, bis das richtige Wort gefunden wurde. Diese Form der Texteingabe ist sehr zeitaufwendig, mühsam und langsam. Aber eine effizientere Texteingabe ist nicht so leicht zu realisieren. Durch die vielfältigen Zeichen ist auch eine Handschrifterkennung nicht möglich. Hinzu kommt noch, dass viele Menschen zwar ein Schriftzeichen erkennen, aber dies nicht exakt zeichnen können. Deshalb hat Toshiyuki eine neue effizientere Texteingabemöglichkeit entwickelt.

Toshiyuki ist zur Überzeugung gelangt, dass es ineffizient ist, jedes Wort Buchstabe für Buchstabe einzutippen, sondern dass es schneller geht, wenn der User ein Wort aus einer Vorschlagliste heraussuchen kann [Tosh98]. Bei Toshiyukis System tippt der User einen bestimmten Buchstaben an und es erscheint sofort eine Auswahl an Wörtern, die er auswählen kann. Ist das richtige Wort noch nicht dabei, kann er den zweiten Buchstaben antippen und eine aktualisierte Liste wird angezeigt. Dieses System ist vergleichbar mit dem von der Deutschen Bahn verwendeten Fahrkartenautomaten-System: Wenn man einen bestimmten Bahnhof sucht, erfolgt es auf die gleiche Weise. Zuerst tippt man den Anfangsbuchstaben ein und es erscheint eine Vorschlagsliste mit Bahnhöfen. Ist nicht der gesuchte Bahnhof dabei, tippt man den zweiten Buchstaben ein und es erscheint eine neue Liste. Im Folgenden unterscheidet sich aber das von Toshiyuki entwickelte Verfahren von dem der Deutschen Bahn. Nachdem das erste Wort ausgewählt wurde, schlägt das System dem User mögliche nachfolgende Worte vor. Dieses wird aus dem Kontext heraus ermittelt, aber auch häufig benutzte Wörter werden in die Vorschlagsliste mit einbezogen und entsprechend eher vorgeschlagen. Somit passt sich das System in gewisser Weise dem Wortschatz des Benutzers an.

Ein weiterer Vorteil des Systems ist die Kenntnis über gängige Abkürzungen. Denn auch wenn ein User die genaue Schreibweise eines Worte nicht kennt, so kennt er doch vielleicht dessen Abkürzung. Auch diese erkennt das System und schlägt dem User das komplette Wort vor. Dieses Verfahren hat außerdem den Vorteil einer Zeitersparnis, da es schneller gehen kann, eine Abkürzung einzutippen, als ein sehr langes Wort auszuschreiben.

Dass eine solche Eingabeform auch für asiatische Sprachen vorteilhaft ist, zeigt Toshiyuki an einem Beispiel. Das Prinzip ist das gleiche wie in englischer Sprache. Toshiyuki kommt zu dem Ergebnis, dass nur 7 Stiftberührungen notwendig sind, während es bei der Eingabe des gleichen Textes in der herkömmlichen RKC-Methode mindestens 20 sind.

 

Literaturverzeichnis

[ZhKR03] Zhai, Shumin; Kristensson, Per-Ola: Shorthand Writing on Stylus Keyboard. Proc. CHI 2003, ACM Conference on Human Factors in Computing Systems, CHI Letters 5(1), 2003, ACM, pp. 97-104. http://www.almaden.ibm.com/u/zhai/papers/SharkFinal.pdf, Download on 2004-11-13.

[ZhKR04] Zhai, Shumin; Kristensson, Per-Ola: SHARK²: A Large Vocabulary Shorthand Writing System for Pen-based Computers. UIST 2004 - ACM Symposium on User interface software and technology, CHI Letters 6(2), 2004, ACM Press. (To appear). http://www.almaden.ibm.com/u/zhai/papers/KristenssonZhai2004.pdf, Download on 2004-11-13.

[Tosh98] Toshiyuki Masui: An Efficient Text Input Method for Pen-based Computers. In: Proceedings of the ACM Conference on Human Factors in Computer Systems (CHI'98), 1998, ACM, pp. 328-335. http://pitecan.com/papers/CHI98/CHI98.pdf, Download on 2004-11-13.