Farben und Farbwahrnehmung


Das Phänomen Farbe


Farben sind etwas ganz alltägliches, etwas, dass wir nur zu gerne als selbstverständlich und unveränderlich ansehen. Objektiv betrachtet, handelt es sich bei Farben aber um ein rein psychologisches Phänomen, das vom Sinnesapparat des Menschen in etwas konkretes transformiert wird. Physikalisch gesehen ist Farbe lediglich Licht mit unterschiedlichen Wellenlängen von ca. 380nm – 780nm.


Physiologische Grundlagen


Erst die auf der Retina vorhandenen Sinneszellen(Photorezeptoren) und die Weiterverarbeitung deren Signale im Gehirn sorgen für die uns bekannte farbige Welt. Für die Farbwahrnehmung ist sogar nur ein Teil dieser Rezeptoren zuständig, die sogenannten Zäpfchen. Im Gegensatz dazu stehen die sehr lichtempfindlichen Stäbchen, die uns das Sehen in Dunkelheit und Dämmerung ermöglichen, aber alle die gleiche spektrale Absorption aufweisen, weshalb sie nicht zwischen Wellenlängen und Intensitätsabstufungen unterscheiden können, also farbenblind sind. Da diese jedoch bei tageslicht vollständig gesättigt und somit unfähig sind Informationen aufzunehmen sind nun die Zäpfchen aktiv. Diese teilen sich in drei verschiedene Arten auf, charakterisiert durch ihre spektralen Empfindlichkeiten. Die Rotzapfen(L-Zapfen), die im langwelligen Bereich empfindlich sind, haben die größte Empfindlichkeit irreführenderweise im Wellenlängenbereich den wir als gelb wahrnehmen. Die Grünzapfen(M-Zapfen) sind im mittleren Wellenlängenbereich am empfindlichsten. Für den kurzwelligen Bereich sind die Blauzapfen(S-Zapfen) zuständig. Diese haben jedoch auch ihr Maximum nicht bei Blau sonder bei einer eher violetten Färbung.
Im Zentrum der Netzhaut befinden sich nur rote und grüne Zapfen, die blauen Zapfen kommen nur in der Peripherie und dort auch nur in geringerer Dichte vor. Generell beträgt der Anteil der Blauzapfen lediglich ca. 5-10%, Grüne sind zu ca. 30% vertreten und der Anteil der Rotzapfen macht etwa 65% aus. Die Tatsache, dass die Dichte der Zapfen mit der Sehschärfe korreliert bedeutet, dass Muster, die ausschließlich die Blauzapfen anregen nur eine sehr niedrige Auflösung besitzen dürfen.
Jede Kombination von Anregungen der drei Zapfenarten durch die auf die Netzhaut treffende Strahlung bewirkt einen spezifischen Farbeindruck. Es können aber auch identische Farbeindrücke durch unterschiedliche spektrale Kombinationen des Lichts erreicht werden. Dieser Effekt wird metamere Farbgleichheit genannt und man bedient sich seiner oft in der Technik. So lässt sich zum Beispiel ein Pixel eines LCD-Monitors, durch die Kombination dreier TFT´s (Thin Film Transistor), die in jeweils unterschiedlichen Farben – Rot, Grün und Blau – leuchten, in beinahe jeder wahrnehmbaren Farbe darstellen.
Im Zwischenhirn wird aus den drei einzelnen Signalen für Rot, Grün und Blau drei neue Signale gebildet. Ein Summensignal aus Rot und Grün(R+G), ein Differenzsignal aus Rot und Grün(R-G) und einem Differenzsignal aus Gelb(entspricht dem Summensignal von Rot und Grün) und Blau((R+G)-B). Dabei sind R-G sowie (R+G)-B für Unterscheidung der jeweiligen Farbtöne verantwortlich(Rot/Grün und Blau/Gelb), wohingegen R+G vorrangig die Aufgabe der Helligkeitswahrnehmung übernimmt.
Durch diesen menschlichen Sehapparate lassen sich 128 verschiedene Farbtöne, 130 verschiedene Farbsättigungen und 16(im blauen Bereich) bzw. 26(im gelben Bereich) verschiedene Helligkeitswerte unterscheiden. Das hat zur Folge, dass die Anzahl wahrnehmbarer Farben auf 380 000 beschränkt ist, also beispielsweise von einem Monitor mit einer Farbtiefe von 24 bit weit mehr Farben dargestellt werden können, zusätzlich muss beachtet werden, dass der Mensch(mit 95%iger Sicherheitheit) nur ca.15 verschiedene Farben), die gleichzeitig dargestellt werden unterscheiden kann.


Farbtheorie


Die momentan aktuellste Farbenlehre stammt von Harald Küppers und wurde bis Mitte der 70er Jahre entwickelt. Durch sie haben sich einige Aspekte ältere Farblehren, wie zum Beispiel die Johannes Ittens bei der Anwendung in der Praxis als falsch erwiesen. Basis für Küppers Lehre bilden acht Grundfarben. Zusätzlich zu den drei Urfarben: Rot, Blau und Grün zählt er noch drei Kombinationen(Cyan, Magenta, Gelb) - aus jeweils zwei von ihnen zu gleichen Teilen und in voller Intensität - zu den insgesamt sechs bunten Grundfarben. Zusammen mit Schwarz und Weiß – den unbunten Grundfarben – erhält man die vollen acht.
Ordnet man die bunten Grundfarben in einem Sechseck an(die Kombinationen liegen zwischen den Urfarben), lassen sich beliebig viele Zwischenfarbtöne durch mischen benachbarter Farben erreichen. Dieses Sechseck kann in 2 Hälften geteilt werden, wovon die eine warme und die andere kalte Farbtöne enthält. Die warmen Farbtöne gehen von Grün über Gelb, Rot bis Magenta. Die kalten Farbtöne gehen von Magenta, über Blau, Cyan bis Grün. Grün und Magenta liegen auf den Schnittstellen zwischen warm und kalt und gelten als neutral. Auf die Eigenheiten der Farbwahrnehmung des Menschen und deren Folgen für die Gestaltung wird nun im Folgenden näher eingegangen.


Wirkung einzelner Farben

Betrachtet man die Grundfarben isoliert, so rufen diese beim Menschen bestimmte Emotionen und Assoziationen hervor. So assoziiert man zum Beispiel die Farbe Rot mit Energie, Liebe, Leidenschaft, Feuer und Wärme aber auch Wut, Zorn Sünde und Gefahr. Blau schafft Vertrauen und sorgt für Ruhe, kann aber auch Nachlässigkeit und Melancholie vermitteln. Diese zwei Farben sind auch ein gutes Beispiel für eine warme(Rot) und eine kalte(Blau) Farbe. Diese Aspekte nehmen also zusammen mit anderen Faktoren, die im nächsten Absatz aufgezeigt werden, starken Einfluss auf die Wahrnehmung von beispielsweise Publikationen und sollten deshalb sorgfältig bedacht werden.


Farbgestaltung


Um ein positives Gesamtbild zu erzeugen, muss man sich um ein möglichst harmonisches Farbbild bemühen. Ein solches kann zum Beispiel durch Kombination benachbarter Farbtöne, das Verwenden von aufgehellten Farbtönen mit ihren Vollfarbtönen oder durch kombinieren von Farben aus der warmen oder analog der kalten Farbpalette erreicht werden. Um hervorzuheben, sei es zur Verdeutlichung von Unterschieden, oder die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, eignen sich besonders gut Kontraste. Hierbei sind besonders der Komplementär-, der Hell-Dunkel- und der Simultankontrast zu erwähnen. Der Komplementärkontrast wird durch die Verwendung zweier Farben erreicht, die sich im Farbensechseck gegenüberliegen und zu unbunt ergänzen(z.B. Blau und Gelb). Beim Hell-Dunkel-Kontrast werden die Vollfarben mit ihren aufgehellten Farbtönen verwendet. Der Simultankontrast hat hier eine Sonderstellung, er sagt nämlich nichts konkret über die Gestaltung aus, sondern vielmehr darüber, wie Farben im Kontext wirken. So wirkt ein und dieselbe Farbe vor einem dunklen Hintergrund heller und vor einem hellen Hintergrund dunkler, aber auch der Farbton verändert sich bei wechselndem Hintergrund. Unbunte Hintergründe bringen bunte Farben stärker zum Leuchten, vor warmen Farben wirken Farben kühler und umgekehrt. Die Ursache für den Simultankontrast begründet sich darin, dass der menschliche Sehapparat nicht dazu gedacht ist Farben möglichst genau wiederzugeben, sondern die Unterschiede deutlich zu machen.
Zum Abschluss sollen nun noch Farbklänge erwähnt werden. Hierbei handelt es sich um Farbkombinationen, die zwar kontrastreich Wirken, aber dennoch in sich harmonisch sind, deshalb eignen sie sich gut zur Unterscheidung von Inhalten, die jedoch nicht im Kontrast zueinander stehen. Farbklänge haben die Eigenschaft im Farbsechseck jeweils die gleiche Entfernung voneinander zu haben, können also zusammengestellt werden, indem man gleichseitige Flächen über das Farbsechseck legt (z.B. Dreiecke oder Quadrate), deren Endpunkte dann auf jeweils einen der Farbtöne zeigen. Ein Farbdreiklang wäre somit schon das Dreieck, dass Cyan, Magenta und Gelb bilden.
Im Bereich der farblichen Gestaltung von Publikationen lassen sich sehr viele Fehler machen, deshalb ist es unbedingt notwendig sich über die Farbwirkungen im klaren zu sein. Es lässt sich nicht nur ein negativer Eindruck vermeiden, sondern auch ein sehr positiver Eindruck erzeugen.


Literatur


http://www.ipsi.fraunhofer.de/Kueppersfarbe/de/drucken.html
http://www.ipsi.fraunhofer.de/~crueger/farbe/farb-wirk.html
http://www.kdow.de/text/farbwirkung/farbw.htm
http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/lehre/wct/w/w5_farbe/
http://www.allpsych.uni-giessen.de/karl/teach/farbe.html
http://www.weblexikon.de/Farbwahrnehmung.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Farbwahrnehmung

Henning, Peter A.: Taschenbuch Multimedia, Leipzig, 2003;




©Matthias Marm 12.12.2004