Die Amiga-Workbench und ihre Geschichte

von Tobias Emrich, 16.12.2004

Einleitung

Der Comodore Amiga war Mitte der 80er bis Mitte der 90er ein weit verbreiteter Computer, der vor allem als Heimcomputer sehr beliebt war. Der Amiga war technisch den meisten Computern seiner Zeit weit voraus.
Er besaß unter Anderem:

  • spezialisierte Custom-Chips, die ihn anderen Plattformen überlegen machten.
  • die Genlock-Fähigkeit, welche das Ersetzen einer bestimmen Farbe im Computerbild in Echtzeit durch ein Videobild möglich machte.
  • eine Autokonfiguration (ähnlich dem Plug-And-Play.
  • und viele andere revolutionäre Ideen...

    1991 war das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr von Commodore, als Marktführer im Homecomputermarkt (zeitweise mit 80% Marktanteil).
    Einen großen Anteil an der Leistungsstärke und der Beliebtheit des Computers hat sein Betriebssystem. Auf dessen Graphische Oberfläche, die Amiga-Workbench, soll im Folgenden genauer eingegangen werden .

    Die Amiga-Workbench

    Das Amiga Betriebssystem war schon immer in zwei verschiedene Teile aufgeteilt:
  • Kickstart: Dem Betriebssystemkern, welcher sich bei den meisten Amigamodellen im ROM (Read-Only-Memory) bedindet, wohingegen er früher auf einer extra Diskette mit ausgeliefert wurde.
  • Workbench: Das AmigaDOS (Disk Operating System) mit der GUI (Graphical User Interface), also der Graphischen Oberfläche.
    Bis auf wenige Ausnahmen, vor allem bei neueren Versionen, ist jede Workbench-Version auf die dazugehörige Kickstart-Version angewiesen. Es ist also nicht möglich eine 1.3 Workbench auf einem Rechner mit 1.2 Kickstart zu booten.
    Wie der Name Workbench schon sagt, wird hier eine "Werkbank" als Metapher im Gegensatz zum heutzutage gebräuchlichen Schreibtisch (Desktop) genutzt. Verzeichnisse (Directories) werden als Schubladen (Drawers) bezeichnet, ausführbare Dateien als Werkzeuge (Tools), Daten (Data Files) als Projekte (Projects) und GUI widgets sind gadgets (Geräte). Viele Amiga Programme haben Pull-Down Menüs die mit "Project Edit…" anstatt wie auf vielen anderen Plattformen mit "File Edit…" anfangen.
    In vielerlei Hinsicht ähnelt die Workbench der Mac-Oberfläche, wo der Hauptbildschirm die Laufwerke anzeigt und eine Menüleiste am oberen Bildschirmrand enthält.
    Ein einzigartiges Feature der Workbench sind Mehrfachbildschirme (multi-screens), welche in gewisser Weise mit den virtuellen Desktops der X Windows Systeme vergleichbar sind. Sie werden allerdings von Programmen dynamisch generiert. Je nach Bedarf kann jeder Bildschirm eine andere Auflösung und Farbtiefe besitzen. Bildschirme können durch ein gadget in der rechten oberen Ecke des Bildschirms "verborgen" werden und dadurch, dass die Workbench alle Bildschirme im Speicher behält ohne Verzögerung wieder geladen werden. Sie können außerdem an ihrer Titelleiste verschoben werden.
    Die Workbench wird nicht benötigt um Programme laufen zu lassen, weswegen viele alte Spiele direkt vom Kickstart booten um mehr RAM zur Verfügung zu haben. Multitasking ist hingegen nur mit der Workbench möglich.

    Die Geschichte der Amiga-Workbench

    Da die Workbench immer zusammen mit dem Kickstart als gesamtes AmigaOS heraus gegeben wurde, sind Versionsupdates nicht immer auch Updates an der Workbench gewesen. Trotzdem werden im Folgenden alle wichtigen Updates des OS aufgelistet:

    August
    1985
    Erscheinen des AmigaOS 0.7 Beta und AmigaOS 0.9 welche allerdings noch reine CLI-Versionen waren, die noch keine graphische Oberfläche hatten.
    Oktober
    1985
    -
    1990
    AmigaOS 1.0, 1.1, 1.2, 1.3 und 1.4
    Die Standardfarben (natürlich verstellbar) waren auf blau, orange und weiß eingestellt, vermutlich um sogar auf sehr schlechten Bildschirmen einen hohen Farbkontrast zu erzielen. Die "Guru-Meditation" (der Bildschirm der angezeigt wird wenn das Betriebssystem schwere Ausnahmefehler abfängt), vergleichbar mit dem "Bluescreen" von Windows, war aufgrund der zahlreichen Bugs in den ersten Versionen noch sehr häufig zu sehen. Die Versionsupdates behoben diese Bugs größtenteils und brachten dem System mehr Stabilität.
    1989
    -
    1990
    AmigaOS 1.4 Beta
    Wurde nie veröffentlicht, hatte aber schon eine veränderte Workbench-Oberfläche wie die Versionen 2.x.
    1990
    -
    November
    1992
    AmigaOS 2.0, 2.0 Beta, 2.04, 2.05, 2.1
    Die Workbench 2.0 hatte endlich ein neues Design. Das blau-orange-weiß- Farbschema musste einem grau-hellblau-weißem weichen. Sie war nicht mehr auf ein 640x256 (PAL) oder 640x200 (NTSC) Anzeigemodus festgelegt und vieles wurde geändert um künftige Versionsupdates einfacher zu machen.
    Die Version 2.0 Beta war die erste mit einem "3D-Look".
    Workbench 2.04 enthielt viele kleine Neuerungen, wie z.B. das Anzeigen von Dateien ohne Icon, Outline-Fonts und ein überarbeitetes Dateisystem.
    Mit der Version 2.1, war es dann möglich Programme dynamisch zu lokalisieren und auf MS-DOS-Medien zuzugreifen und zu schreiben.
    Die 2.x Versionen waren inkompatibel zu manchen älteren, schlecht implementierten Programmen.
    1992
    -
    1994

    AmigaOS 3.0, 3.1
    Diese Versionen enthielten ein neues Dateisystem (genannt: "Datatypes"), welches Programmen ermöglichte Text-, Bild- und Sounddateien zu laden die sie nicht direkt "verstanden". Hintergrundbilder wurden besser unterstützt und die graphische Darstellung wurde allgemein verbessert.
    1999
    -
    2000
    AmigaOS 3.5, 3.9
    Nach dem Ende von Commodore wurde die Weiterentwicklung des AmigaOS in die Hände der deutschen Firma Haage & Partner gegeben. Von da an gab es keine Unterscheidung mehr in Kickstart und Workbench, sondern alles war in einem Paket, dem AmigaOS.
    Die Oberfläche der Workbench wurde wieder verbessert und hieß von nun an "ReAction" und ein Webbrowser wurde integriert. Diese Versionen beinhalteten aber vor allem gravierende Verbesserungen des Betreibssystems.
    2004
    AmigaOS 4.0
    Wieder wurde die Entwicklung des AmigaOS von "Amiga, Inc" an eine andere Firma namens "Hyperion Entertainment" weitergegeben. Die Oberfläche hat sich erneut leicht verändert, allerdings sind die meisten Neuerungen im Bereich des Betriebssystemkerns gemacht worden, mit unter anderem neuen Dateisystem, TCP/IP Netzwerk Verbesserungen und Unterstützung von moderner Hardware.


    Schluss

    Nicht nur der Amiga, auch sein Betriebssystem war seiner Zeit weit voraus. Es unterstützte bereits Präemptives Multitasking im "Round Robin"-Verfahren - fast zehn Jahre vor der Einführung von Windows 95. Leider war er seiner Zeit so weit voraus, dass seinen Wert nur Wenige verstanden. Heute weiß man, dass der Amiga der erste Multimediacomputer war.
    Für viele Fans des Amigas war es, obwohl schon länger befürchtet, ein rasantes Ende. Am 29. April 1994 gab Commodore USA offiziell bekannt, dass sie in freiwillige Liquidation gegangen sind. Zurückzuführen ist der Konkurs weniger auf den Amiga und seine Software als vielmehr auf Marketing und Unternehmensführungsfehler. Trotz des Niedergangs der Mutterfirma Commodore wurde der Amiga und sein Betriebssystem (Damit auch die Workbench) nie ganz aufgegeben und lief unter mehreren Firmen bis heute weiter. Der Amiga spielt heute eine absolut untergeordnete Rolle auf dem Computermarkt, da nur große Liebhaber noch mit ihm Arbeiten.



    Workbench 1.0 Workbench 2.0 Workbench 3.0
    Workbench 1.0 Workbench 2.0 Workbench 3.0
    Workbench 3.5 Workbench 4.0
    Workbench 3.5 Workbench 4.0



    Quellen:

    http://www.commodore-amiga.de/cbm7.html
    http://de.wikipedia.org/wiki/Amiga
    http://de.wikipedia.org/wiki/AmigaOS
    http://amiga.red11.de/modelle.htm#Amiga%20500
    http://www.gregdonner.org/workbench/
    http://www.birdys.de/default.php?page=amigaos&menu=0
    http://toastytech.com/guis/amiga35.html
    http://en.wikipedia.org/wiki/AmigaOS