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Essay: "Wizard of Oz" as a method in UI design

von Fabian Hennecke

 

Einführung

Unter der sog. "Wizard of Oz" Methode zum Designen eines User Interfaces versteht man die Simulation eines fertigen Systems durch einen Menschen. Es können somit Funktionen und deren Usability getestet werden, ohne dass die Funktionen bereits implementiert wurden. Somit ist es möglich bereits in einem frühen Entwicklungsstadium spätere Funktionen auf ihre Bedienbarkeit hin zu untersuchen und falls nötig noch zu optimieren.

Ziele von "Wizard of Oz"-Versuchen

Bevor ein System oder Programm komplett entwickelt und programmiert wird, muss man einen Entwurf für die Benutzeroberfläche haben. Es gibt zwar diverse Regeln zum erfolgreichen Entwurf und auch gewisse Grundregeln, die beachtet werden müssen (unnötige Aktionen für den Benutzer vermeiden, ein einheitliches Bedienkonzept, Konsistenz im Programmaufbau). Dennoch sind diese Regeln noch kein Garant für eine gutbedienbare Oberfläche, denn Menschen verhalten sich nicht immer wie vorhergesagt. Ein gutes Beispiel für einen solchen Fall ist die Tatsache, dass viele Menschen, wenn sie einen Computer mit Spracherkennung bedienen sollen, abgehackte Ein-Wort-Kommandos benutzen. Allerdings sind viele System bereits in der Lage flüssig gesprochene Kommandos zu verstehen und umzusetzen.
Ein anderes Beispiel ist die Funktionsfülle bei Mobiltelefonen. Viele Menschen beschweren sich darüber, dass die Mobiltelefone immer komplizierter und schwieriger zu bedienen sind, allerdings gibt es auch immer mehr Mensch, die sich dennoch ein vermeintlich "schwer zu bedienendes" Gerät kaufen. Ein Grund hierfür könnte die Tatsache sein, dass man einem Mobiltelefon, mit angepriesenen 150 Funktionen, mehr zutraut als einem vergleichbaren Gerät, das einfacher zu bedienen ist, aber nur mit 100 Funktionen umworben wird. Anstatt das einfachere Telefon zu wählen, wird häufig lieber das technisch schwieriger zu beherrschende Gerät gekauft. Diese beiden Beispiele zeigen, dass man manchmal mit rein logischen Überlegungen bei der Entwicklung eines User Interfaces nicht weiterkommt oder in einer Sackgasse landet. Genau an diesem Punkt setzen die "Wizard of Oz" Versuche an und sollen Klarheit darüber schaffen inwiefern ein System von einem Benutzer beherrschbar ist bzw. wie der Benutzer damit umgehen möchte. Denn bei der Entwicklung einer möglichst guten Bedienoberfläche sollte ein Satz immer berücksichtigt werden:

"Der Nutzer hat immer recht." (Jacob Nielsen)

Aufbau von "Wizard of Oz"-Versuchen

Bei einem "Wizard of Oz"-Versuch gibt es 2 beteiligte Personen. Die zentrale Person ist der eigentliche Test-Benutzer, der das vermeintliche System testen und benutzen soll. Er weiß nicht, dass die Aktionen des Computers bzw. des Systems von einer anderen Person gesteuert werden - dem sog. "wizard". Der Wizard reagiert auf die Eingaben des Benutzers. Um dies überhaupt in einer sehr kurzen Zeitspanne bewältigen zu können, hat er Zugriff auf eine große Anzahl von verschachtelten Menüs, die wiederum editierbare Ereignisse für den Tester beinhalten. Desweiteren gibt es noch verschiedene, häufig benutzte, Ausgaben mit Schnellzugriff (z.B. "Bitte warten..."). Wichtig ist dabei besonders, dass der Wizard ein konstantes Vehalten zeigt, dass also für gleiche Eingaben bzw. Befehle dieselben Ausgaben für den Tester erfolgen und dass sich in die Ausgaben keine Rechtschreibfehler einschleichen. So soll eine hohe Glaubwürdigkeit beim Testbenutzer erreicht werden. Ein "Wizard of Oz"-System hat also zwei Seiten. Die Seite des Testers, für den das System scheinbar computergesteuert auf seine Eingaben reagiert und die Seite des Wizards, der auf die Benutzereingaben sehr schnell reagieren muss, um möglichst glaubhaft ein Computersystem zu imitieren.

Ablauf eines Versuchs

Wichtig bei einem WoO-Versuch ist, dass die Testperson zu keinem Zeitpunkt den Verdacht schöpft oder sogar weiß, dass es sich nicht um ein computergesteuertes System handelt. Daher muss der Wizard, wie schon erwähnt, versuchen keinerlei Fehler zu machen und sich zu jedem Zeitpunkt des Tests wie ein Computer zu verhalten, der jedoch alle Benutzereingaben innerhlab des Interfaces versteht und umsetzen kann. Und genau dies ist der entscheidende Punkt, warum solche Tests überhaupt durchgeführt werden. Der Wizard kann auf jegliche Eingabe angemessen reagieren - ein Computer kann dies zur Zeit noch nicht. Somit ist es möglich das Verhalten von Benutzern eines Systems zu analysieren, wenn sie sozusagen "Narrenfreiheit" haben, was Befehle und Kommandos betrifft. Dadurch kann man die Nutzungsgewohnheiten von vielen Personen aufzeichnen und analysieren (z.B. ob kurze oder ausführliche Sprachkommandos genutzt werden) und daraus Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung des Systems oder des Programms ziehen. Jedoch ist es ebenfalls wichtig eine Testperson nicht mehfach testen zu lassen, sondern man muss versuchen ein großes Spektrum der späteren Zielgruppe als Tester einzusetzen. So lassen sich die Bedien-Gewohnheiten der späteren Kunden erfassen, analysieren und in die Benutzungsgestaltung der Oberfläche einarbeiten. Durch viele verschiedene Testpersonen ist außerdem gewährleistet, dass keine speziellen persönlichen Vorlieben eines Testers zu starken Einfluss auf die weitere Gestaltung haben. Denn sonst wäre man wieder dort, wo man angefangen hat: bei der Entscheidung über die weitere Entwicklung durch eine Person.

Fazit

Bei der Entwicklung von Programmen und Systemen, die direkt auf Benutzereingaben reagieren müssen, sind "Wizard of Oz"-Versuche eine gute Möglichkeit um verschiedene Design-Möglichkeiten zu probieren, ohne sie zuerst programmieren zu müssen. Ein Tester kann innerhalb der vorgegebenen Parameter und der bereits gestalteten Programmoberfläche ganz nach Belieben mit dem System oder dem Programm arbeiten und seine Eingaben tätigen. Durch eine solche user-orientierte Entwicklung, bei der nicht die Entscheidungen und Wünsche von einzelnen Designern oder Entwicklern im Vordergrund stehen, sondern die Nutzungsgewohnheiten von späteren System- und Programmbenutzern. Desweiteren lassen sich natürlich auch bei abschließenden Befragungen und Gesprächen Schwächen der genutzten Oberfläche herausfinden und verbessern. Auch eine Bewertung von bereits fertigen Programmen ist möglich - man teilt den Test in zwei Teile: ein Teil der Tester arbeitet mit dem fertigen Produkt und der andere Teil der Tester wird von einem Wizard "betreut". Auch bei einer solchen Versuchsanordnung lassen sich Rückschlüsse auf eventuelle Design-Fehler ziehen. Diese könnten dann in einem Folgeprodukt - oder bei kleineren Fehlern vielleicht auch via Patch - verbessert werden.

Insgesamt sehe ich das "Wizard of Oz"-Konzept zum Testen von Programmen sehr positiv, denn es ermöglicht die Anpassung des Programms an den Benutzer und erzwingt später nicht zu einem großen Teil eine Eingewöhnung des Benutzers. Jedoch müssen solche Tests auch gut vorbereitet und betreut werden (z.B. ist die Erstellung der verschachtelten Menüs für den Wizard sehr zeitintensiv), damit man die Ergebnisse später auch wirklich verwerten kann und einen Nutzen daraus ziehen kann. Daher bietet es sich in meinen Augen nur für größere Projekte an. Bei kleinen Projekten und Entwicklungen müssen weiterhin die, zu Beginn angesprochenen, Regeln beachtet werden. Außerdem ist auch die eigene Erfahrung im Umgang mit Programmen - zumindest in einem gewissen Rahmen - ein guter Anhaltspunkt für die Interface-Entwicklung, wenn ein großangelegter "Wizard of Oz"-Test nicht möglich ist.

Quellen: http://www.kachelriess.de/beschreibung.html ; http://www.ronaldbieber.de/Publications/Old/ProSemimar_IntelligentUI/Wizard/