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Persuasive Technology

 

 

Inhaltsverzeichnis

   

A. Vorwort

 

B.

I. Beispiele für "Persuasive Technology"

i. Anti-Baby Puppe

ii. Amazon.de

 

II. Vorteile von Computern

i. Vorteile gegenüber traditionellen Medien

ii. Vorteile gegenüber menschlicher Überzeugungskraft

 

III. Captology

IV. Ethische Probleme

C. Ausblicke

D. Quellen & Literatur

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Samstag morgen, es klingelt und ein seltsam angezogener Mann steht vor der Tür. "Sind Sie zufrieden mit sich und Ihrem Leben", tönt er laut. "Naja, bis vor zwei Minuten, als ich noch schlief schon!" erwidere ich. Der Mann ist von den Zeugen Jehovas und versucht mich vom Sinn und Vorteil seiner Religion zu überzeugen, ohne Erfolg.

In unserem täglichen Leben stoßen wir ständig auf Menschen, Plakate, Parteien und viele andere Dinge, die uns versuchen davon zu überzeugen, ein Buch zu kaufen, ein bestimmtes Magazin zu abonnieren oder einer bestimmten Partei bei einer Wahl die Stimme zu geben.

Andere zu überzeugen - diese Versuche existieren wahrscheinlich schon so lange wie die Menschheit selbst - nein - wahrscheinlich schon länger. Damals wie heute war es soziales Geschick, das den Erfolg brachte. Ein Mensch wird immer noch am Besten von einem Menschen überzeugt, galt damals die allgemeine Meinung und gilt auch heute noch.

Aber ist das wirklich so? Werden wir nicht von Medien wie Zeitung und Fernsehen genauso stark beeinflusst wie von einer Person?

Nehmen wir mal die letzte Bundestagswahl. Angenommen Sie waren noch sehr unentschlossen. War es ihr Nachbar, der mit seinen schlagenden Argumenten sie dazu brachte die SPD zu wählen, oder doch eher ihre Zeitung und ihr Fernseher, der Gerhard Schröder mit seinen Argumenten in ihr Wohnzimmer kommen lies. Jetzt werden Sie vielleicht behaupten, es war doch eine Person, nämlich Gerhard Schröder, der mich überzeugte. Aber hatten Sie die Möglichkeit mit ihm zu sprechen, ihn etwas zu den Problemen unseres Landes zu fragen? Wohl eher nicht!

Es sind also doch auch Medien und Technologien die auf unser Handeln und Denken immensen Einfluss nehmen. Natürlich werden diese von Menschen und Gruppierungen eingesetzt, aber die Beeinflussung findet heute oft vor dem Fernseher oder dem Computer statt.

"Persuasive Technology" - überzeugende Technologie, nennt sich das Gebiet, das sich mit diesem Thema befasst. Technologie kann eingesetzt werden um unser Handeln und Denken zu ändern, dies beweist B.J. Fogg von der Stanford University mit seinem Buch "Persuasive Technology - Using computers to change what we think and do".

Beispiele für "Persuasive Technology"

 

Wie kann man Teenager davon überzeugen, dass Verhüten beim Sex unbedingt notwendig ist? Ein klärendes Gespräch mit den Eltern oder dem Frauenarzt war bisher die einzige Lösung. Jedoch ist es so nur möglich auf die Folgen aufmerksam zu machen. Erfahren können es Teenager dadurch nicht.

Anders bei der "Baby-Think-It-Over doll", einer computergesteuerten Puppe, die in unregelmäßigen Abständen schreit, und andere nervtötende Aktivitäten einprogrammiert hat, um ein Bild davon zu vermitteln, was es heißt, sich um ein Baby kümmern zu müssen.

 

Einer anderen Art von "Persuasive Technology" bedient sich amazon.de. Hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Ich sah mich nach einem guten Buch im Internet über ASP.NET um. Schließlich stieß ich bei amazon.de auf eines, das mich überzeugte. Wie kann es mich aber überzeugen? Ich hatte doch noch nie einen Blick hinein geworfen. Die Kundenrezessionen die Amazon zu jedem Produkt bereitstellt taten das.

Aber damit nicht genug. "Kunden die dieses Produkt kauften, kauften auch folgende andere Artikel", eine Rubrik die Amazon automatisch zu jedem Artikel mitliefert. In dieser Rubrik befand sich ein Buch über PHP, das im Übrigen teurer war als mein ASP.NET Buch. "PHP wollt ich doch immer schon mal lernen" dachte ich mir und gekauft!

Mit dieser Methode hat mich Amazon überzeugt zwei Artikel zu erwerben, obwohl dies eigentlich nie meine Intension war.

Vorteile von "Persuavive Technology"

 

Quitnet.com ist eine Webseite, die Raucher davon überzeugen soll nicht mehr zur Zigarette zu greifen. Aber was macht sie anders als traditionelle Medien wie Fernsehen oder Zeitung? Sie ist interaktiv! Sieht ein Raucher einen Bericht über die Folgen des Rauchens im Fernsehen, wird dies wohl kaum die Wirkung haben die Zigarette liegen zu lassen. Oft liegt es daran, weil sich die Person nicht mit der dargestellten Personengruppe identifiziert. "Die sprechen ja von Dauerqualmern, ich rauche ja nur ein paar am Tag" lautet oft das Argument. Quitnet.com hingegen nutzt die Interaktivität von Computern aus. Die Webseite bietet nach Eingabe einiger Daten, ein auf den Benutzer zugeschnittenes Programm, egal, ob es sich um einen Gelegenheitsraucher oder einen Kettenraucher handelt.

Das die überzeugende Wirkung von Computern stärker sein kann als die von Fernsehen oder Zeitung wird kaum bestritten. Wie ist es aber mit der Wirkung von menschlicher Überzeugungskraft? Können da Computer mithalten? Und ob sie das können!

In vielen Situationen sind sie nicht nur gleichwertig, sonder dem Menschen als überzeugende Kraft deutlich überlegen. Computer haben sechs Vorteile, in denen sie sich vom Menschen abheben.

Computer sind persistent

Diesen Vorteil nutzen häufig Registrierungsprogramme aus. In relativ kurzen Zeitabständen, beispielsweise zweimal am Tag, fordern sie den Benutzer immer wieder auf seine persönlichen Daten preiszugeben. Dabei werden sie nicht "müde" oder "genervt", sondern fragen jedes Mal aufs Neue bis der Nutzer schließlich zustimmt.

Computer bieten Anonymität

Oft trauen sich hilfsbedürftige Menschen nicht, wie beispielsweise Alkoholiker, ihre Probleme einer anderen Person, und schon gar keiner fremden Person, mitzuteilen. Mit Computern und vor allem im Internet haben solche Menschen die Möglichkeit Hilfe zu suchen, mit jemandem zu interagieren und trotzdem anonym zu bleiben. Chatrooms sind ein weiteres Beispiel. Sonst so "stille Wasser" blühen förmlich auf, da sie ihre Identität dafür nicht preisgeben müssen.

Computer können große Datenmengen bearbeiten

Hier komme ich wieder auf das Beispiel von amazon.de zurück. Der Benutzer interessiert sich für einen Artikel und sofort wird aus einer Palette von tausenden von Produkten eine Handvoll Artikel rausgefiltert, die ebenfalls den Geschmack des Käufers voll ins Schwarze treffen.

Computer bedienen sich vieler Modalitäten

Ein Mensch hat die Möglichkeit mit Sprache, Gestik und Mimik zu überzeugen. Die letzten Beiden bleiben dem Computer zwar versagt, er bedient sich aber anderer Modalitäten. Die Möglichkeit mit Audiodateien, Filmen, Spielen, Animationen, virtuellen Realitäten, Simulationen oder einfach nur mit Text den Nutzer von einer Sache zu überzeugen besitzt derzeit nur der Computer. So kann genau im richtigen Zeitpunkt das richtige Mittel angewandt werden. Oft bringt eine Kombination der Modalitäten den gewünschten Erfolg, indem mehrere Sinne des Menschen gleichzeitig angesprochen werden.

Computer Software ist skalierbar

Eine Person, besitzt sie auch noch so eine starke Überzeugungskraft ist doch in ihrem Wirkungsfeld stark eingeschränkt. Millionen Menschen auf der ganzen Welt zu überzeugen ist alleine nicht zu machen. Für eine Software hingegen schon. Eine Internetseite ist für jeden zugänglich der eine Anschluss besitzt, sei es in München oder in Afghanistan. Spricht sich der Nutzen von ihr rum kann sie ihre überzeugende Wirkung auf der ganzen Welt ausbreiten, wie das Beispiel von eBay beweist. Es werden ähnliche Mittel wie bei Amazon benutzt um den Umsatz zu steigern, und das mit gigantischem Erfolg.

Computer sind allgegenwärtig

Computer finden auch Zugang zu Orten, an denen Menschen nicht erwünscht sind. Hierbei muss es sich nicht unbedingt um den klassischen Computer handeln. Immer mehr wird "Persuasive Technology" auch in Handys, PDAs, Autonavigationsysteme und vielem mehr integriert. Hierdurch erhält die Technologie Zugang zu Schlafzimmern, Badezimmern, Autos, und vielen anderen Orten, die Menschen versagt bleiben.

 

Was ist Captology?

 

Captology bezeichnet das Feld, das sich mit der Überzeugungskraft von Computern beschäftigt. Überzeugung im Sinne von Captology definiert sich als Versuch die Einstellung und das Verhalten, oder beides bei der Zielperson zu ändern. "Persuasion" wird oft mit "coercion"(Zwang) und "deception"(Täuschung) in negativen Zusammenhang gebracht. Der Wesentliche Unterschied besteht darin, das die Überzeugung freiwillig stattfindet, wohingegen sie beim Zwang, wie schon der Name sagt, erzwungen wird. Täuschungen sind ebenfalls nicht Teil von Captology.

Ein weiterer Punkt ist die Mensch-Computer Interaktion (HCI). Captology befasst sich ausschließlich mit HCI und nicht wie oft angenommen mit computer-übermittelter Kommunikation (CMC). Zwar bildet die Übermittelung von Informationen durch den Computer ein großes Feld, ist jedoch nicht Thema von Captology. Vielmehr geht es um die Interaktion mit dem Computer und nicht um die Kommunikation durch ihn.

Ebenfalls anzumerken ist, dass es sich bei Captology nur um die Untersuchung von gezielter Überzeugung handelt. Dass beispielsweise durch die Einführung von e-Mails der Postverkehr merklich zurückging und so eine Überzeugung hin zum elektronischen Briefverkehr stattfand, war keineswegs geplant, sonder ein Seiteneffekt. Dies ist nicht Thema von Captology.

Man unterscheidet zwei Level von Überzeugung, micro und macro. Bei der Macro Überzeugung handelt es sich beispielweise um Webseiten, wie Quitnet.com, die einzig und allein konstruiert worden sind um von einer bestimmten Sache zu überzeugen.

Micro Überzeugung behandelt die Technik, wie sie Amazon und eBay, aber auch beispielsweise Lernsoftware verwendet. Es werden für richtige Antworten Sterne vergeben und bei falschen Antworten wird ein unangenehmer Ton gespielt um Kinder zu motivieren ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Der Zweck dieser Technologien ist eigentlich ein anderer, aber wird Überzeugung eingesetzt um den Erfolg zu steigern.

Ethische Probleme

 

Ist "Persuasive Technology" unethisch? Auf diese Frage gibt es kein ja oder nein. Es liegt vielmehr im eigenen, subjektiven Ermessen ob sich durch den Einsatz neuer Technologien ein ethisches Problem erhebt. Die Frage muss lauten: "Kann "Persuasive Technology" unethisch sein" ? Die Antwort ist ein klares ja. Sie wird auch eingesetzt um Kinder zum Rauchen zu bewegen oder um die Abhängigkeit von Drogen zu fördern. Dabei werden verschiedene Taktiken angewandt, von denen ich zwei an Beispielen erläutern will.

Volvo bietet ein Computerspiel mit dem Namen "Volvo Ozone Eater" an . Das Spiel ist wie der Klassiker Pacman aufgebaut, nur das man mit einem Volvo anstatt einer Figur durch die Strassen fährt. Es sind ebenfalls andere Autos unterwegs, Nicht-Volvos, die rosa Schadstoffe auf der Strasse hinterlassen. Dies soll Ozon darstellen. Fährt man mit seinem Volvo über solch einen Fleck färbt sich der Fleck blau, wird also zu Sauerstoff. Das Spiel vermittelt den Eindruck, Volvos können die Stadt von Ozon säubern und guten, sauberen Sauerstoff produzieren. In Wirklichkeit hat Volvo einen Kühler der nur Ozon auf Bodenebene konvertieren kann und dies kann auch nur ein bestimmtest Modell. Das Spiel hingegen vermittelt den Eindruck, dass alle Volvos umweltfreundlich seien, was natürlich eine völlig falsche Annahme ist.

Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf das Ausnutzen von leicht zu überzeugenden Personengruppen, wie Alte Leute und Kinder. Das Beispiel wurde von Studenten der Stanford University entwickelt. Es wurde ein Spiel programmiert bei dem Kinder zusammen mit ihren Lieblingshelden aus der Zeichentrickserie Pokemon Abenteuer bestreiten müssen. Um an einer Stelle fortfahren zu können spricht Pikachu, das süße kleine Tier des Hauptdarstellers zu dem Spieler: "Schnell, gib deine Adresse ein, wir sind in Gefahr!". Ohne zu zögern geben die meisten Kinder so persönliche Daten von sich preis, um im Spiel fortfahren zu können.

Technologie die auf die Ausbeutung schwacher Gruppen gezielt eingesetzt wird, ist natürlich von vornherein unmoralisch.

Aber "Persuasive Technology" durch die Bank als unmoralisch zu bezeichnen ist schlichtweg falsch. Es ist vielmehr die Aufgabe die Methoden und Tricks schwarzer Schafe aufzudecken und nicht die Überzeugungskraft von solchen Technologien zu verwerfen, denn richtig eingesetzt bieten sie eine Hilfe für viele Gruppen.

Quellen & Literatur

 

- Buch von B.J. FOGG, "Persuasive Technology - Using Computers to Change What We Think and Do", Morgan Kaufmann Verlag, 2003

 

- http://captology.stanford.edu

 

- http://www.persuasivetechnology.org

 

- http://www.amazon.de

 

- http://www.quitnet.com

 

- http://www.btiod.com

 

- http://persuasivetech.info

 

- http://www.ebay.de