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Vorwort

In den 80er Jahren entwickelte sich als Zweig von Psychologie die Softwarepsychologie. Die Aufgabe von Softwarepsychologie ist theoretische Grundlagen für die Beschreibung von Interaktionen zwischen Menschen und Computersystemen zu bilden. Der Sinn der Sache ist bestimmte Designerrichtlinien abzuleiten, die aus den Erkenntnissen der Softwarepsychologie gewonnen werden. Das ganze dient dazu möglichst efffizienten Umgang zwischen Mensch und Computer zu ermöglichen, zum Beispiel bei Anwendung von Softwareprodukten. Es existieren Modelle, die die Kommunikation von Anwendern und Bedienoberfläche beschreiben. Bei solchen Modellen gibt es zwei Hauptrichtungen: zum Einen die Gestaltung von Benutzerschnittstellen und zum Anderen die Bewertung von bereits existierenden Benutzerschnittstellen. Abhängig von dem Ansatz des Modells erstreckt sich das Spektrum von der Beschreibung kleiner motorischer Abläufe wie Mausbewegungen oder Tastatureingaben bis zu Betrachtung großer Zusammenhänge wie der Realisierung von komplexeren Aufgaben.

Keystroke-Level Model

Was die Bewertung von bereits existierenden Benutzerschnittstellen angeht gibt es verscheidene Methoden die ergonomischen Eigenschaften zum Beispiel eines Softwareprodukts zu bestimmen. Eine davon ist das Keystroke-Level Model, hier werden die Handlungen der Benutzer nachgebildet und bewertet, bei diesem Modell werden die Tastenanschläge des Benutzers für eine bestimmte Aktion aufgeschrieben und bewertet. Daraus läßt sich für nicht zu umfangreiche Handlungen die Zeit für ihre Durchführung abschätzen. Das Keystroke-Level Model ist ein physikalisches Modell, das sich mit der Beschreibung der motorischen Abläufe, die für die Bedienung des Systems erforderlich sind beschäftigt. Die physikalischen Modelle betrachten kleinste Bewegungen des Benutzers und beschränken sich auf die Beschreibung kleinerer Zusammenhänge, was ihnen ermöglicht eindeutige Daten über die motorische Komplexität einer Aufgabe zu gewinnen. Das Keystroke-Level Model beschränkt sich, wie die meisten solcher Modelle auf bestimmte Aspekte von Benutzerschnittstellen und ergänzt ein schon vorhandenes Modell und zwar GOMS (GOMS steht für "Goals - Operations - Methods - Selection Rules". Bei diesem Modell werden die Handlungen in Form von programmähnlichen Regeln aufgeschrieben, so dass die Zahl der benötigten Regeln ein Maß für den vom Benutzer zu erbringenden Aufwand ergibt).

Entstanden ist das Keystroke-Level Model im Jahr 1983 und wurde von Card, Moran und Newell entwickelt und stellt , wie schon gesagt eine vereinfachte Variante des GOMS-Modells dar. Das Modell bestimmt die Zeit, die ein Experte für die Durchführung einer einfachen Aufgabe benötigt, wenn er bestimmte Methoden verwendet. Das Keystroke-Level Model beinhaltet eine Reihe von Operatoren (zum Beispiel Tastendrücke, Zeigeoperationen, mentale Operationen), die man zu einer Methode zusammenfasst. Eine Methode besteht also aus einer Folge von Operationen, um eine Aufgabe zu erledigen und ermöglicht es die Zeit, die für eine Aufgabe gebraucht wurde zu bestimmen. Die Operatoren sind dabei die elementaren perzeptiven, motorischen oder kognitiven Aktionen, die für die Lösung der Aufgabe notwendig sind, das sind zum Beispiel Aktionen wie: drücken der Pfeil-nach-oben Taste, bewege Hand zur Maus, sich an Dateinamen erinnern, überprüfen ob Cursor am Ende der Zeile ist. Aus solchen Aktionen bzw. Operatoren rechnet sich die Zeit zusammen, die man für eine Aufgabe braucht, bzw. um die Methode anzuwenden. Es werden zum Beispiel benötigte Zeiten für das Drücken einer Taste, Ausgabe auf dem Bildschirm, nachdenken und warten auf die Systemantwort berechnet und Aufsummiert. Es lassen sich Zeiten für verschieden Aufgaben berechnen, die der Benutzer ausführt, wie zum Beispiel ein Dokument zu editieren und bestimmte Unterziele beim Editieren, wie zum Beispiel ein Wort einfügen, so ein Ziel wird durch Anwendung einer Methode erreicht, die sich wiederum aus Operatoren für die einzelnen Aktionen zusammensetzt.

Das Keystroke-Level Model besteht aus zwei Phasen: 1.) Zielerfassung: der Benutzer entwickelt eine mentale Repräsentation der Aufgabe und 2.) Ausführungsphase: Die Aufgabe wird mithilfe von Eingabemedien des Systems erledigt. Die Ausführungsphase wird weiter unterteilt: Keystroke: ein einzelner Tastendruck, Button: ein einzelner Klick eines Zeigegerätes, Pointing: Ausrichten eines Zeigegerätes auf ein Ziel, Homing: Wechsel der Hand zwischen verschiedenen Eingabegeräten, Drawing: Ziehen eines Zeigegerätes, Mentally preparing: mentale Vorbereitung auf eine Bewegung, Response: Die Antwortzeit des Systems. Für diese Operatoren kann man in Abhängigkeit vom Eingabemedium und spezifischen Eigenschaften des Anwenders einen Zeitaufwand berechnen. Als Hilfe gibt es Umrechnungsfaktoren, die empirisch ermittelt worden sind, zum Beispiel für verschiedene Zeigegeräte oder unterschiedlich schnelle Tipper. Ein gutes Beispiel für eine Methode wäre Windows Login (acquisition wird hier als Routineaufgabe vernachlässigt): Mentally Preparing: Affengriff, Homing: Tastatur, 3 Keystrokes: Strg-Alt-Entf, Mentally preparing: sich erinnern an den Usernamen und das Passwort, Bestimmte Anzahl an Keystrokes: Eingabe von Usernamen und Passwort, Homing: Wechseln zur Maus, Pointing: Ok-Button anvisieren, Button: auf Ok-Button klicken, Response: Als Antwort wird die grafische Oberfläche des Systems gestartet. Für diese Aufagbe können verscheidene Zeitwerte rauskommen, weil viele Aktionen von unterschiedlichen Benutzern unterschiedlich schnell gelöst werden, wenn der Benutzer zum Beispiel schnell tippt braucht er weniger Zeit für Keystrokes oder es braucht jemand eine längere Zeit, um sich an sein Benutzernamen und Passwort zu erinnern, wobei es für "mentally preparing" bestimmte Heuristiken gibt um die Zeit dafür zu bestimmen.

Fazit

Letzendlich geht es beim Keystroke-Level Model immer darum, einen Zeitwert für eine zu bearbeitende Aufgabe als Ergebnis zu bekommen. Man versucht bei der Systemgestaltung das Keystroke-Level Model zu benutzen um die Bearbeitungszeit für bestimmte Aufgaben zu verringern. Ein Systemdesigner kann die Zeit, die für eine Aufagabe gebraucht wurde, nach diesem Modell errechnet, mit bestimmten Kriterien vergleichen, um Entscheidungen zu trefen, die eine Optimierung des Systems ermöglichen oder zwei verschiedene Systeme zu vergleichen. Mithilfe dieses Modells bekommt man keine Verbesserungsvorschläge oder Ähnliches, sondern versucht im Endeffekt das System zu optimieren und schaut, ob im nächsten Durchlauf eine Verbesserung eintritt. Eine große Hilfe wäre hier sicherlich, auf den Benutzer mehr einzugehen und sich mit gewissen psychologischen Aspekten von Benutzern zu befassen, indem man zum Beispiel einen Fragebogen erstellt, den ein Benutzer vor dem Test mit diesem Modell ausfüllen soll. Allerdings ist das Keystroke-Level Model ein Modell, das eigentlich kaum psychologisches Wissen über den Benutzer voraussetzt und vom Systemdesigner rein mechanisch angewandt werden kann. Es gibt andere Methoden, mit denen man mehr erreichen kann als nur die Zeit für bestimmte Vorgänge zu bestimmen wie mit dem Keystroke-Level Model, bei denen es im Gegensatz dazu um die Erfassung und Bewertung der ergonomischen Eigenschaften von Softwaresystemen und sogar arbeitsorganisatorischen Gegebenheiten geht. Dies wird durch Benutzerbefragung und Arbeitsanalyse gewährleitet, wodurch man die Funktionalität und die Qualität eines Softwareprodukts besser beurteilen kann. So etwas ist mit Keystroke-Level Model oder GOMS nicht möglich, da sich das Modell im Endeffekt nur für Auswertung kleinerer Vorgänge eignet.