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Embodied Interaction

von Max Tafelmayer, 15.11.2005

Einleitung

Embodied Interaction beschreibt die Interaktion mit Computersystemen, die Bestandteil unserer täglichen Welt sind. Diese Computersysteme machen sich dabei ihre Präsenz in unserer Welt zu Nutze um die Art und Weise festzulegen, wie sie mit uns interagieren. Der Begriff Embodied Interaction wurde von Paul Dourish geprägt und basiert auf seiner Beobachtung, dass der nächste Schritt nach Social Computing und Tangible Computing die Vereinigung der beiden Konzepte darstellt. Paul Dourish definiert den Begriff Embodied Interaction als "the creation, manipulation and sharing of meaning through engaged interaction with artefacts".

Im Folgenden wird zuerst auf die beiden Begriffe Social Computing und Tangible Computing eingegangen. Dann wird der Zusammenhang mit dem Konzept des Embodiment dargestellt.

Social Computing

In den Anfängen, noch bevor HCI (Human Computer Interaction) als Disziplin entstand, waren Informatiker, Mathematiker und Ingenieure die einzigen Entwickler von Mechanismen zur Interaktion mit dem Computer. Erst durch die Verbindung der technischen Möglichkeiten von Computern und den Prinzipien der Psychologie ist HCI als Forschungsfeld entstanden. Gegenstand der Forschung waren besonders die kognitiven Herausforderungen im Umgang mit interaktiven Systemen. Entstanden sind dabei neue Möglichkeiten Interfaces zu verstehen, zu gestalten, zu messen und zu evaluieren.

Seit den späten 1980'er Jahren wurde HCI zunehmend von der Soziologie geprägt. Es wurde klar, dass die Interaktionen eines Anwenders mit einem Computer sich nicht einfach durch die Muster seiner Aktionen beschreiben lassen, sondern vielmehr durch das Netz von Beziehungen und Aktivitäten in denen sie eingebunden sind.

Eine der eindeutigsten Anwendungen fand in der Entwicklung des Forschungsgebiets der Computer-Supported Cooperative Work (CSCW) statt. CSCW befasst sich mit der Gruppenarbeit und Zusammenarbeit zwischen Menschen und der damit verbundenen Unterstützbarkeit durch Computer. Es gibt zwei primäre Domänen für die Ideen aus der Soziologie: Methoden und Theorien.

Die dominanteste Methode aus der Soziologie, die für die CSCW angewendet wurde, ist die Ethnographie. Die häufigste Verwendung fand sie in Feldstudien um als Werkzeug für das Sammeln von Anforderungen an ein System zu dienen.

Obwohl HCI eigentlich eine praktische Disziplin ist fanden auch theoretische Ansätze aus der Soziologie Anwendung in der HCI. Häufig wurden dabei die Theorien aus der Soziologie zur Analyse von Interaktionen und interaktiven Werkzeugen verwendet. In der CSCW fand besonders die Ethnomethodologie Anwendung bei Studien bezüglich der Zusammenarbeit. Ethnomethodologie fokussiert dabei die tatsächlichen Handlungen von Menschen in der realen Welt. Das analytische Anliegen nach dem was Menschen tatsächlich tun erlaubt es Ethnomethodologie für die HCI zu adaptieren.

Obwohl die Methoden aus Soziologie mehr an Bedeutung gegenüber den Theorien hatten, haben beide ihren Einfluss auf HCI gehabt. Sie haben beide das Verständnis für den Kontext, in dem Aktivitäten an einem Interface durchgeführt werden, gestärkt.

Tangible Computing

Mitte der 1990'er Jahre trat Tangible Computing als neuer Trend in der HCI in Erscheinung.

Tangible Computing hat aber eine durchaus längere Vergangenheit. Viele der Aktivitäten um Tangible Computing basieren auf der Vision von Ubiquitous Computing von Mark Weiser. Weiser war besorgt über die Dominanz der Computer auf den Schreibtischen als Paradigma für interaktives Arbeiten mit dem Computer. In seine Vision des Ubiquitous Computing nimmt der Computer auf dem Schreibtisch nicht mehr die Zentrale Rolle ein. Stattdessen werden Computer in verschiedenste Objekte und Gräte integriert.

Das ganze war nicht nur eine Vision einer möglichen Zukunft sondern Gegenstand der Forschung von Weiser. Weiser erfand eine Reihe von Technologien, um die Auswirkungen des Ubiquitous Computing auf die Anwender und Entwickler zu untersuchen.

Die Untersuchungen im Bereich des Tangible Computing haben versucht eine Reihe von Fähigkeiten zu nutzen, um mit der Welt um uns herum zu interagieren. Diese Fähigkeiten sind Fühlen und physikalische Interaktion. Die Forschung im Bereich des Tangible Computing hat aber einen Schritt zurück getan und erkannt, dass während wir aktuell durch physikalische Objekte mit Computern interagieren wir uns stattdessen besser auf unsere natürlichen Fähigkeiten stützen und direkt mit den physikalischen Objekten interagieren sollten. Die physikalischen Objekte nehmen dann nicht mehr die Rolle von Platzhaltern ein sondern dienen der direkten Interaktion.

Embodiment

Die Forschung in den beiden Bereichen des Social Computing und Tangible Computing fanden unabhängig voneinander statt. Auf den ersten Blick scheinen sie verschiedene Probleme und verschiedene Fähigkeiten anzusprechen. Die Theorie des Embodiment besagt aber, dass zischen den beiden Theorien ein Zusammenhang besteht.

Unter Embodiment versteht Paul Dourish die Eigenschaft gleichzeitig Bestandteil des täglichen Lebens zu sein, wie auch aus Elementen des täglichen Lebens zu bestehen. Weiter ist Embodiment der Übergang von dem Gebiet der Ideen hin zu dem Gebiet des täglichen Erfahrens. Dabei ist Embodiment nicht auf physikalische Objekte wie z.B. Schreibtische und Bäume beschränkt. Ein Gespräch z.B. ist auch eine Form des Embodiment. Die Umgebung in der das Gespräch stattfindet ist nicht nur der Hintergrund, sondern eine fundamentale und bestimmende Komponente der Aktivität, die stattfindet. Weiter meint Paul Dourish mit Embodied Interaction, dass die Interaktion ein verkörpertes Phänomen ist. Sie passiert in einer Welt, die der Interaktion Form, Substanz und Bedeutung verleiht.

Es ist nicht schwer zu sehen, dass Tangible Computing auf dem Gedanken des Embodiment aufbaut. Der Ansatz des Tangible Computing bedient sich unserer physischen Fähigkeiten und Vertrautheit mit realen Objekten. Er versucht auch Computer als Bestandteil der gleichen Welt zu verstehen in der auch andere Phänomene stattfinden. Etwas schwerer ist es die Zusammenhänge mit dem Social Computing und der Embodied Interaction zu erkennen. Die Verwendung von soziologischen Ansätzen in der Gestaltung von interaktiven Technologien wurde aber hauptsächlich von der Interaktion von Computern und der Welt, in der wir täglich arbeiten, geprägt. Die pragmatische Sicht auf soziale Aktionen ist begründet in der Beziehung zwischen sozialen Aktionen und der Umgebung, in der sie sich entfalten.

Fazit

Embodied Interaction ist ein neuer Ansatz in der HCI, der von Paul Dourish geprägt wurde. Er setzt sich aus den beiden aktuellen Forschungsgebieten über interaktive Systeme Zusammen, dem Social Computing und dem Tangible Computing. Paul Dourish hat damit die neuesten Entwicklungen auf ein starkes Fundament gestellt und die gemeinsamen Ausrichtungen auf einen Nenner gebracht.

Der Ansatz der Embodied Interaction sieht die Zukunft der Interaktion mit Computern nicht darin, dass das Interface verschwindet, sondern darin, dass das Interface mehr in den Vordergrund rückt und dadurch für einen größeren Bereich von Interaktion zur Verfügung steht.

Quellen

http://en.wikipedia.org/wiki/Computer-supported_collaboration http://en.wikipedia.org/wiki/Computer_supported_cooperative_work http://en.wikipedia.org/wiki/Embodied http://en.wikipedia.org/wiki/Ethnomethodology http://en.wikipedia.org/wiki/Tangible_User_Interface http://webzone.k3.mah.se/k3jolo/Material/nordesFFsource.pdf http://www.dourish.com/embodied/embodied99.pdf