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Exertion Interfaces

Julia Küfner

Exertion Intefaces finden bei Applikationen Anwendung, die es dem Nutzer ermöglichen durch körperlichen Einsatz die Applikation zu benutzen.

Immer weniger Menschen bewegen sich ausreichend und verbringen mehr und mehr Zeit sitzend vor dem Computer. Dies tun sie nicht nur bei der Arbeit sondern auch in ihrer Freizeit. Durch die Entwicklung von neuen Applikationen die Exertion Interfaces benutzen, ergeben sich neue Möglichkeiten der Anwendungsnutzung und je nach Zielvorgabe eine erhöhte sportliche Aktivität des Anwenders. Gängige Interfaces wie Maus, Tastatur oder Joystick verlangen ihrem Benutzer eine minimale körperliche Anstrengung ab, Exertion Interfaces erreichen genau das Gegenteil. Exertion Intefaces zwingen ihren Nutzer also im allgemeinen zu sportlicher Aktivität. Weitere Bezeichnungen die hierfür verwendet werden, sind Sports Interfaces, Physical Interfaces oder Bodily Interfaces. Sie alle haben gemeinsam, dass der Benutzer seinen eigenen Körper zu Interaktion mit der Applikation benutzen muss. Im Folgenden werden einige Beispiele für unterschiedliche Herangehensweisen kurz vorgestellt. Soweit vorhanden werden auch kurz Ergebnisse aus UserStudies erwähnt, allerdings werden die meisten als nicht objektiv beurteilt. Dies ist bei der Bewertung der Ergebnisse zu berücksichtigen.

Applikationen

Virtual Fitness Centre, Virku

Das virtuelle Fitnesscenter Virku wurde testweise entwickelt um seinem Benutzer mehr Spaß an der Nutzug von Fitnessgeräten zu bereiten. Der Schwerpunkt liegt bei diesem Interface darauf, mehr Menschen dazu zu bringen mehr Sport zu treiben. Das Interface besteht dabei aus einem Trainingsfahrrad das vor einer Projektionsfläche steht, auf die eine Landschaft projiziert wird. Die Testperson sitzt auf dem Fahrrad und hat die Möglichkeit über Knöpfe am Fahrrad die Richtung zu wechseln und in der Landschaft zu navigieren. Die Landschaft passt sich jeweils an die Navigation und die Trittgeschwindigkeit der Person an. Umgekehrt erhöht sich auch der Trittwiderstand für den Radfahrer wenn er z.B. einen Berg hoch fährt. Insgesamt wurde versucht einen möglichst hohen Immersionsgrad beim Benutzer zu erreichen. Unterstützt wurde dies durch akustische Effekte wie Reifengeräusche und Vogelgezwitscher aber auch durch die Gestaltung der Landschaft. Für den Test wurde eine real existierende Landschaft nachmodelliert. Die Aufgabe der Nutzer war es einen vorher festgelegten Parcours abzufahren der ihm durch Pfeile angezeigt wurde und dies in möglichst kurzer Zeit. Im “Two-player-mode” gibt es die Möglichkeit gegen eine andere Person anzutreten und um die Wette zu fahren. Aufgrund der einfachen Handhabung und der Nähe zur Realität fanden sich die Testpersonen schnell in der virtuellen Welt zurecht. Die hohe Immersion sorgte dabei dafür, dass die Nutzer viel Spaß beim Erkunden der Welt hatten, nebenbei ein Fitnessprogramm absolvierten und weniger Interesse daran hatten “nur“ auf dem vorgegebenen Parcours zu bleiben. Manche Probanden hatten sogar Angst eine steile Böschung herunter zu fahren. Eine Erweiterung des Systems soll das Festhalten von trainingsrelevanten Daten beinhalten, die eine anschließende Auswertung ermöglicht.

NiceMeet VR

Dieses Spiel erlaubt es dem Benutzer seine Schlagfähigkeit beim Baseball zu verbessern. Er hält dabei einen echten Baseballschläger der mit Reflektoren bestückt ist in der Hand und steht vor einer Projektionsfläche, auf der der Pitcher (Werfer) dargestellt wird. Der virtueller Werfer wirft dem Spieler einen virtuellen Ball zu. Der Spieler versucht den Ball “zu schlagen”. Die Bewegung des Schlägers, wird durch Infrarot-Sensoren erfasst, die sich hinter der Projektionsfläche befinden. Dies geschieht durch Infrarotlicht das am Schläger reflektiert wird und auf die Sensoren zurückgeworfen wird. Durch die Analyse der Bewegung berechnet der Computer die neue Flugbahn des Balls und passt den Flug des Balls auf der Projektionswand an. Es ist dem Spieler so möglich ohne einen Partner zu trainieren. Er kann dabei gegen berühmte Pitcher antreten, deren Bewegungen anhand von Fernsehaufzeichnungen übernommen wurden.

Break-out for two

Durch die Applikation wird versucht die soziale Interaktion, die man von klassischen Sportarten kennt, auch auf Computer unterstützte Spiele zu übertragen. Dabei geht es weniger um den Aspekt des sportlichen Wettkampfs, als um das “bessere Kennen lernen” des Spielpartners. Wie hier schon angedeutet, ist diese Applikation für zwei oder mehr Benutzer ausgelegt und ermöglicht es mit Personen die weit entfernt sind über eine Videokonferenz ein Ballspiel gemeinsam zu spielen. Das Spiel ist dabei eine Kombination aus Fußball, Tennis und dem Computerspiel “Breakout”. Beide Spieler stehen jeweils vor einer großen Videowand, auf die der andere Spieler projiziert wird. Über die Videokonferenz können die Spieler miteinander interagieren und sich auch unterhalten. Diese Aufteilung ist dabei dem Prinzip eines Tennis Court nachempfunden, bei dem jeder Spieler ein Spielfeld hat, der Videoscreen würde hier dem Tennisnetz entsprechen. Auf der Projektion des Videobilds werden 8 halbtransparente Quadrate angezeigt. Die Spieler haben beide die gleiche Anzeige. Sie versuchen mit einem echten Ball auf die jeweiligen “Fenster” zu treffen. Wird ein Fenster einmal getroffen, wird es brüchig, wird es ein zweites mal getroffen wird es noch brüchiger, bis es anschließend beim dritten Treffer zerbricht und verschwindet. Punkte erhält der Spieler nur wenn das Fenster zerbricht. Das System reagiert zusätzlich auf die stärke des Treffers. Wird das Fenster sehr hart getroffen bricht es wie bei zwei normalen Treffern. Da beide die gleiche Anzeige haben können sie also beispielsweise ein Fenster, das vom Spielpartner schon zweimal getroffen wurde, erneut anspielen und erhalten die Punkte auf ihr eigenes Konto gutgeschrieben. Die beiden Spielpartner müssen also direkt miteinander interagieren und können sich, dank der Audioübertragung auch über Strategien oder dergleichen unterhalten. Die Verfolgung der Position des Balls geschieht durch zwei Kameras, die jeweils die horizontale und vertikale Position des Balls ermitteln. Die Nutzer kamen aufgrund des intuitiven Arrangements schnell mit dem Spiel zurecht. Dabei wurde festgestellt, dass die Video- und Audio-Qualität nicht perfekt sein muss um miteinander zu spielen. Dies zeigt, dass nicht immer die perfekte Qualität ausschlaggebend für den Erfolg einer Applikation sein muss. Bei vergleichenden Tests zeigte sich die Tendenz, dass die Verwendung eines Exertion Interfaces sich positiv auf die soziale Interaktion und Zusammengehörigkeit der Spieler auswirkt. Die Benutzer gaben dabei an, dass sie ihren Spielpartner durch das Spiel besser kennen gelernt hätten und viel Spaß beim Spielen hatten. Durch den Spaß am Spiel, spielten sie auch nicht nur einmal, sondern öfters und hatten somit auch einen hohen Trainingsfaktor.

Virtual Reality Treatment,ViRT

ViRT wird für physiotherapeutische Zwecke benutzt. Hier geht es weniger um Fitness als um den Erhalt von Gesundheit und Beweglichkeit oder um das Zurückerlangen dieser Eigenschaften. Menschen, die eine Physiotherapie machen, müssen oft ein und die selbe Übung immer und immer wieder machen. Sie haben dabei auch weniger das befriedigende Gefühl, dass sie etwas geschafft haben, wie es bei einem Fitnesstraining der Fall ist. So führen die Übungen allzu schnell zu Langeweile und Frustration. ViRT bietet dem Patienten neue Möglichkeiten. Er steht dabei vor einem Green-Screen und einer Kamera die sein Bild erfasst. Auf einem Bildschirm kann er sich selbst sehen und eine Szenerie wird durch den Green-Screen ersetzt. Ähnlich wie dies bei Wetteransagern im Fernsehen geschieht. Der Nutzer hat dann die Möglichkeit, durch seine Bewegungen mit der Szenerie zu interagieren, was beim Wetteransager nicht möglich ist. Die Testpersonen gaben an, länger, lieber und öfter zu trainieren. Außerdem konnte durch das System der Fortschritt der Person angezeigt werden, was eine zusätzliche Motivation bedeutete.

PingPongPlus

PingPomgPlus unterscheidet sich von der Anordnung nur wenig von normalem Ping Pong. Zwei Spieler stehen sich an einer normalen Ping Pong Platte gegenüber und spielen einen gewöhnlichen Ball mit gewöhnlichen Schlägern hin und her. Durch einen Projektor werden verschiedene Projektionen auf der Tischfläche dargestellt. Je nach eingestelltem Modus werden z.B. Wellen oder Punkte angezeigt, je nachdem wo der Ball auf dem Spielfeld auftrifft. Erfasst wird die Position des Balls durch Mikrofone die unter der Tischplatte angebracht sind. Es gibt einen “painting-mode” in dem eine Spielfläche als Farbpalette dient. Durch Schlagen des Balls auf eine bestimmte Farbe, wird auf der anderen Seite eine Art buntes Bild erzeugt. Ein weiterer Modus (“Thunderstorm”) erzeugt einen Sturm, der immer aufbrausender und stürmischer wird, je länger gespielt wird (dies wird akustisch unterstützt). Wird der Ball lang genug im Spiel gehalten, erscheint ein Leuchtball.

Allgemeine Faktoren:

Die oben genannten Beispiele geben einen Eindruck davon, was Exertion Interfaces sind. Das Ziel von Exertion Interfaces ist es, mehr Personen dazu zu bringen mehr Freude an sportlicher Aktivität zu haben. Welche Faktoren lassen sich nun zusammenfassen, die die Nutzung von Exertion Interfaces als sportliche Applikation beeinflussen? Bei den folgenden Punkten handelt es sich dabei lediglich um Annahmen die nur teilweise durch UserStudies belegt sind.

Immersion:

Insgesamt bieten Exertion Interfaces eine völlig andere Art der Immersion, als andere Interfaces wie Joystick oder Maus, da der Nutzer seinen eigenen Körper benutzen muss und somit viel intuitiver und natürlicher mit dem Spiel oder in der virtuellen Welt interagieren kann. Die Immersion fällt so viel leichter. Wird zusätzlich eine virtuelle Welt in der Applikation benutzt, die einen hohen Immersionsgrad aufweist, kann dies den Nutzer dazu anregen seine Sinne zu Benutzen, wie beim Virtual Fitness Centre, Virku. Die bessere Immersion erhöht dann die Motivation des Nutzers die Applikation länger und öfters zu benutzen, was sich wiederum positiv auf den Trainingseffekt auswirkt.

Platz und Zeitersparnis:

Durch Exertion Interfaces Applikationen kann der Nutzer jeder Zeit spielen oder trainieren, unabhängig von Wetter oder Ort. Denn er bewegt sich wenn es Platz erfordert nur innerhalb der virtuellen Welt. Er kann dies zu jeder beliebigen Tageszeit und für die Zeit durchführen die ihm gerade möglich ist. Er ist somit unabhängiger. Einen Vorteil bietet dies auch für professionelle Sportler, die z.B. Rennen besser planen und trainieren können, da sie nicht mehr zwingend überall vor Ort sein müssen, um einen bestimmten Kurs abzufahren. Oder wie bei NiceMeet VR kann der Sportler gegen mögliche reale Gegner spielen und sich auf deren Strategien besser einstellen.

Soziale Aspekte:

Auch mit Freunden die weit weg wohnen kann je nach Applikation trainiert/gespielt werden. Durch das Internet bietet sich auch eine große Möglichkeit an potenziellen neuen Spielpartnern und neuen Kontaktmöglichkeiten. Auch im Businessbereich könnten Applikationen dieser Art von Vorteil sein, wenn beispielsweise zwei Teams an unterschiedlichen Orten miteinander Arbeiten müssen, sich aber noch nicht näher kennen. Durch eine Applikation wie Break-out for two könnten die Teams sich auf eine andere Art und Weise besser und schneller kennen lernen. Allerdings kommt bei Exertion Interfaces die direkte soziale Interaktion und Nähe im Vergleich zu gängigen Sportarten noch zu kurz.

Wettbewerb:

Wenn Sportarten alleine und nur für einen selbst durchgeführt werden, kann dies schnell zu Langeweile führen. Wie unter dem Punkt “Soziale Aspekte” beschrieben, können Exertion Interfaces Kontakt zu vielen Sport- und Spielpartnern bieten, mit denen zusammen um die Wette trainiert/gespielt werden kann, was die Motivation verbessert. Aber auch virtuelle Avatare können als Gegner diesem Zweck dienen. Eine weiter Möglichkeit ist es, wie bei NiceMeet VR, gegen virtuelle Avatare bekannter Sportler zu spielen oder sich mit ihnen in ihren Leistungen zu vergleichen, was im realen Leben im Allgemeinen nicht möglich ist.

Neue Möglichkeiten:

Wie das Beispiel des PingPongPlus können gängige oder bekannte Spiele oder Sportarten durch die Umwandlung als Exertion Interfaces neue Spielziele ermöglichen. So kann durch den “painting-mode” ein kreatives Bild erzeugt werden, oder der “Thunderstorm”-Modus kann die beiden Spielpartner dazu bringen, nicht gegeneinander sondernd miteinander zu spielen, um den Ball möglichst lang im Spiel zu halten und um am Ende den Leuchtball zum erscheinen zu bringen. So kann durch Exertion Interfaces ein bereits etabliertes bekanntes Spiel interessanter gestaltet werden und neue Anreize schaffen.

Zusammenfassung und Ausblick:

Durch die oben genannten Punkte erhält der Nutzer mehr Freiheit bei der Ausführung der sportlichen Aktivität und kann dadurch mehr Motivation für die Ausführung von Sport erlangen. Allerdings kommt die echte zwischenmenschliche Interaktion zu kurz und physischer Kontakt ist nicht möglich. Hier bieten gängige Sportarten oder Fitnesscenter nach wie vor Vorteile. Auch bieten Spiele wie PingPongPlus durch ihre komplexe Anzeige dem Spieler zu viele Informationen und führen eher zu Reizüberflutung und Frustration als zu erhöhtem Spiel-/Trainingsspass. Dazu kommt, dass die meisten Exertion Interfaces noch sehr teuer sind und daher für die breite Masse, in oben beschriebenen Art und Weise, im Moment nicht nutzbar sind. Auch wenn nicht alle oben genannten Punkte durch UserStudies belegt wurden, so lässt sich doch festhalten, dass die jeweiligen Testpersonen sehr positiv auf alle Applikationen reagierten. Es ist davon auszugehen, dass sich durch weitere Studien Applikationen herausbilden können, die eine echte Alternative zu gängigen Sportarten bieten könnten. Diese Applikationen werden aber nur Alternativen zu gängigen Sportarten bieten und diese nicht völlig ersetzten.

Jasper Bragt, "Do Exertion Interfaces Provide Better Exercise Environments?",University of Twente, 24.Januar 2005

Sari Mokka, Antti Väätänen, Juhani Heinilä, Pasi Välkkynen 2003, Fitness computer game with a bodily user interface. In Proceedings of the Second international Conference on Entertainment Computing (Pittsburgh, Pennsylvania, May 08 - 10, 2003). ACM International Conference Proceeding Series, vol. 38. Carnegie Mellon University, Pittsburgh, PA, 1-3

Peter de Koning, "Improving the Experience of Sports by adding a Virtual Environment", University of Twente, Electrical Engineering, Mathematics and Computer Science, Juni 2005

Florian Mueller, Stefan Agamanolis, Rosalind Picard, "Exertion Interfaces: Sports over a Distance for Social Bonding and Fun", Conference on Human Factors in Computing Systems, Florida, 2003 USA (CHI '03)

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