The Use of Rapid Prototyping for Interface Design
In den letzten Jahren wurde das Wasserfallmodell beim Entwurf neuer Software(-systeme) immer stärker von iterativen Entwurfszyklen abgelöst. Damit ging eine weitere Verbreitung des Prototyping einher.
Dieser Text beginnt mit einer Erfassung der Begriffe Prototyp und Prototyping, geht auf Methoden des Prototyping ein, beschäftigt sich ausführlicher mit Rapid Prototyping und geht speziell auf Paper Prototyping als einen Vertreter desselben ein. Außerdem wird versucht, eine Vorstellung davon zu vermitteln, was Interface Design ist und inwiefern Rapid Prototyping bei der Entwicklung von einem (verbesserten) Interface Design behilflich sein kann.
Prototyp:
Ursprünglich kommt das Wort aus dem Altgriechischen und setzt sich aus ϖροτος (der Erste) und τυπος (Abbild) zusammen und könnte somit etwa erstes Abbild oder Urbild bedeuten.
In der Softwareentwicklung wird als Prototyp ein (noch) nicht lauffähiges, zu Testzwecken entworfenes Modell eines Endproduktes bezeichnet.
Prototyping:
Es gibt Prototyping in mehreren Bereichen. Bei der Entwicklung von Produkten oder der Erfindung neuer Geräte im technischen Bereich wird diese Vorgehensweise schon länger benutzt, im Bereich der Softwareentwicklung ist die Verwendung von Prototyping jüngeren Datums. Aus diesem Grund und, damit einhergehend, weil diese Art der Anwendung noch nicht so bekannt ist, werde ich letzteren Bereich genauer beschreiben.
Prototyping läßt sich unter anderem anhand folgender Punkte unterscheiden:
Detailliertheit der Prototypen: z.B. low fidelity und high fidelity. Beim low fidelity Prototypen geht es um die grundsätzliche Funktionalität und die Ideen. So können z.B. die Wähltasten eines Telefons durch Zahlen auf einem Stück Papier dargestellt werden und es geht nur darum, herauszufinden, in welcher Reihenfolge sie angeordnet werden sollen. Beim high fidelity Prototypen geht es um detailliertere Fragen der Umsetzung. So ist z.B. die Farbe und Form der Wähltasten mittlerweile von Bedeutung.
Nach dem dargestellten Ausschnitt des Endsystems: z.B. horizontaler oder vertikaler Prototyp. Beim horizontalen Prototyping werden nur einzelne Schichten des Systems ohne echte Funktionalität dargestellt, so kann einE BenutzerIn früh im Entwicklungsprozeß die spätere Form und Gestalt des Produkts testen. Eine hohle graphische Benutzeroberfläche ist ein Beispiel für einen horizontalen Prototyp. Beim vertikalen Prototyping wird jeder Teil des Zielsystems in seiner ganzen Tiefe dargestellt. So kann z.B. bei einer Rechtschreibkorrektursoftware komplett nachvollzogen werden, welchen Weg das falsch geschriebene Wort bis und mit seiner Korrektur zurücklegt.
Es lassen sich auch verschiedene Methoden des Prototyping unterscheiden:
Zum Einen ist es möglich, die Prototypen kurz vor der Fertigstellung des Produkts in einem letzten, aber in diesem Fall ersten Tests mit BenutzerInnen, zu evaluieren (in diesem Fall ist aber nur noch schwer von Prototyping zu sprechen). Zum Anderen ist es aber auch möglich, in mehreren Iterationen den Prototyp nach und nach zu verbessern, bis er zum gewünschten Ergebnis führt und als Ergebnis des Entwicklungsprozesses weiter verwendet wird, wie dies beim evolutionären Prototyping gemacht wird oder eben, wie beim Rapid Prototyping, schon möglichst früh mit dem Entwurf von zumeist Wegwerfprototypen zu beginnen und diese bei fast jeder Iteration im Entwurfszyklus zu erneuern.
Rapid Prototyping:
Beim Rapid Prototyping geht es, wie schon der Name vermuten läßt, um eine schnelle Entwicklung von Prototypen. Es geht aber nicht nur um einen schnellen Entwurf, sondern auch um einen möglichst frühzeitigen Gebrauch des Konzepts der Zielüberprüfung mittels Prototypen. Beim Rapid Prototyping dienen Prototypen der Entwicklungsverbesserung, das Endsystem soll möglichst benutzerInnenfreundlich sein und auch zum geplanten Zeitpunkt fertiggestellt werden. Die Prototypen werden weggeworfen, weshalb es häufig auch als Throw-away-Prototyping bezeichnet wird, im Gegensatz z.B. zum Evolutionary Prototyping. Dies ermöglicht, daß in einem Entwicklungsprozeß sehr viele oftmals komplett neue Prototypen erstellt werden können. Und dies auch nahezu problemlos, was in diesem Fall meint, daß es ohne bereits viel Zeit investiert zu haben, eine besondere Tiefe der Ideen erreicht zu haben oder viel finanziellen Aufwand für einen komplexeren langwierigeren Prototypenentwurf betrieben zu haben, möglich ist, Konzepte zu überdenken, Ideen umzustrukturieren, auf die Ergebnisse von Versuchsdurchläufen einzugehen und teilweise in Anfangsphasen der Entwicklung sogar die Idee komplett zu verwerfen und zu überarbeiten.
Ein Rapid Prototyp kann mit unterschiedlichsten Techniken verwirklicht werden:
Angefangen vom Low Fidelity Paper Prototype über Storyboarding bis zum High Fidelity Prototype oder dem Wizard von Oz Konzept, wobei letzteres eher selten bzw. nur sehr eingeschränkt zum Einsatz kommt. Eine der großen Stärken von Rapid Prototyping sind die geringen Kosten für den Prototyp. Diese wird leicht verspielt, wenn zu viel mit aufwendigen Prototypen gearbeitet wird. Auch die andere große Stärke, die Geschwindigkeit, würde auf diese Weise riskiert.
Eine leicht umsetzbare, sehr flexible und weit verbreitete Rapid Prototyping-Methode ist Paper Prototyping. Es lohnt sich daher, diese Form näher zu betrachten:
Paper Prototype ist ein low fidelity Prototype, der innerhalb kurzer Zeit mit gängigen Werkzeugen wie Papier, Schere und PostIt erstellt werden kann. Auf diese Art ist es möglich, mit geringem Aufwand unter Einbeziehung des gesamten Projektteams schon in der Anfangsphase ein Feadback zu erhalten. Außerdem ist es während des Tests leicht möglich, daß Teile des Designs, die nicht wie erwartet aufgenommen werden, sehr schnell ersetzt werden- ein neues Blatt Papier ist schnell beschrieben. Bei einem Prototyp, der noch sehr weit vom Erscheinungsbild des Endproduktes entfernt ist, und der auch nicht den Eindruck von einem geschlossenen System, in dessen graphische Gestalt viel Zeit und Mühe geflossen ist, vermittelt, fällt es BenutzerInnen viel leichter, grundlegende Vorschläge zur Verbesserung zu machen oder/und fundamentale Kritik zu äußern. Wenn der Gegenstand der Kritik nur aus Papier besteht und wirkt, als ob er mit nur geringem zeitlichen Aufwand erstellt werden konnte (was ja auch der Fall ist), ist es den Benutzer Innen viel leichter gemacht, noch grundsätzliche Probleme/Wünsche anzusprechen, als wenn der Eindruck besteht, daß das Produkt schon morgen fertig sein könnte und nur noch minimale Veränderungen angedacht sind, weil das Design schon so ausgereift wirkt. Diese Überlegung wird mit Keep it ugly gut beschrieben. Interface Design:
Interface Design beschäftigt sich mit der Gestaltung der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Das Ziel ist, eine möglichst gute Benutzbarkeit (usability) zu erreichen. Geräte, Software oder eine Website sollen so entworfen werden, daß die Bedienung anhand der Bedienoberfläche und ohne zusätzlichen bzw. mit möglichst geringem Lernaufwand seitens der Benutzerin/des Benutzers möglich ist. Es soll ein Produkt entworfen werden, in dem die Benutzerin/der Benutzer im Mittelpunkt steht (user-centered design). Dies ist am einfachsten zu verwirklichen, wenn die BenutzerInnen beim Entwicklungsprozesses schon stark miteinbezogen werden. Die Anordnung der Tasten auf einem Mobiltelefon, die Anordnung und Anzahl der Knöpfe eines Kühlschranks oder die Bedienoberfläche eines Routers sind Beispiele für Ergebnisse einer Designentscheidung in Bezug auf das Interface. Wenn ein Handybenutzer sehr oft in der Bedienungsanleitung die gleichen Vorgänge nachschlagen muß ist es sehr wahrscheinlich, daß den EntwicklerInnen beim Interface Design einige Fehler unterlaufen sind. Um derartige Probleme zu minimieren ist der Einsatz von Rapid Prototyping sehr empfehlenswert.
The Use of Rapid Prototyping for Interface Design:
Rapid Prototyping setzt möglichst früh im Entwicklungsprozess an, was es zu einem idealen Werkzeug für eine Mensch-Maschine-Schnittstelle macht. Soll z.B. ein neuer Herd entworfen werden und stellt sich beim ersten User Test anhand des Paper Prototypes bereits heraus, daß einige der BenutzerInnen die Anordnung und Größe der Herdplatten als wenig funktional erachten und intuitiv nicht damit zurechtkommen, kann dieses Modell verändert werden, ohne daß schon größere Summen in die Weiterentwicklung eines von den zukünftigen BenutzerInnen des Systems nicht akzeptierten Produktes geflossen sind. Ebenfalls positiv zu bewerten ist der Sachverhalt, daß nach mehreren Testläufen die Akzeptanz des Produktes bei den BenutzInnen mit relativ großer Sicherheit als sehr hoch betrachtet werden kann. Es gibt bei der Entwicklung von Mensch-Maschine-Schnittstellen kaum wichtigeres als BenutzerInnenfeedback und beim Ergebnis, also dem Interface des Produktes, ist Benutzbarkeit bzw. BenutzerInnenfreundlichkeit ein weitaus wichtigerer Faktor als bei anderen Teilen des Gerätes. Es gibt viele Situationen aus dem alltäglichen Umgang mit technischen Geräten, in denen eine Menge unnötiger Zeitaufwand, Ärger und Verwirrung seitens der BenutzerInnen vermeidbar wäre, wenn die EntwicklerInnen Rapid Prototyping beim Design der Benutzeroberfläche angewandt hätten. Angefangen von Websites, die einen Onlineshop darstellen sollen, es aber nicht ermöglichen, komfortabel einzukaufen, weil vor dem Bestellvorgang zu einen bestimmten Punkt zurückgekehrt werden muß, der Abschluß des Einkaufs also nicht von allen Punkten aus durchführbar ist oder weil nicht angezeigt wird, ob zur Kenntnis genommen wurde, daß ein Produkt erworben werden soll. Auch z.B. ein Mobiltelefon, daß nach jeder Aktion ein nicht abstellbares lautes Geräusch von sich gibt, ist ein Beispiel für unangenehme Features und nicht optimale Interfaces. Ein überdachtes Prototyping-Konzept beim Entwurf dieser Geräte hätte sicher zu einer weitaus größeren Benutzbarkeit und BenutzerInnenfreundlichkeit geführt.
Ein möglicher Entwurfszyklus für den Einsatz von Rapid Prototyping beim Entwurf von Interface Designs wäre:
- der Entwurf eines Grobkonzeptes,
- eine erste Erstellung eines Paper Prototyps, einige Testdurchläufe mit diesem mit am Projekt beteiligten und einigen nicht am Projekt beteiligten Personen. Bei jedem Fehler,der einer Korrektur bedarf, sollte ein neuer Teil-Paper Prototyp für die Fortsetzung des Tests entworfen werden, bei groben Fehlern sollte ein solcher für den nächsten Test entworfen werden. Dieser Vorgang sollte so oft wiederholt werden, bis beim Testen keine Probleme mehr auftauchen.
- Als nächster größerer Schritt ist eine Weiterentwicklung des Ergebnisses durchzuführen und z.B. eine weitere Funktion in den neuen Prototypen aufzunehmen usw.
In der fortlaufenden Entwicklung ist auch die Verwendung eines etwas komplexeren Testdurchlaufs angebracht wie nach ¹:
1. Benenne die Usability- Eigenschaften, die gemessen werden sollen, stelle Anforderungen auf, die das Design erfüllen soll.
2. Mach den Prototyp für die Evaluation fertig.
3. Entwirf das Experiment: Finde BenutzerInnen, die das System testen, definiere die Aktionen, die ausgeführt werden sollen und plane die Tests.
4. Führe die Tests durch und sammle Daten.
5. Analysiere die Daten, um herauszufinden inwiefern die Testbedingungen den Ausgang der Aktionen beeinflußt haben.
6. Ziehe Schlußfolgerungen für Verbesserungen am Design.
Nach den jeweiligen Schritten kann an einer Implementierung weitergearbeitet werden. So sollte ein Interface Design enstehen, daß sowohl die Ideen der BenutzerInnen, als auch die Bedienbarkeit optimal miteinbezieht.
Als prägnantes Fazit lässt sich formulieren, daß Rapid Prototyping zum Interface Design sehr gut geeignet ist, da es eine zeit- und kostengünstige Methode zur Entwicklung von benutzerInnenfreundlichen Produkten wie technischen Geräten, Software und Websites ist.
Quellen:1. http://www.cc.gatech.edu/classes/cs6751_97_winter/Topics/rapid-proto/
2. http://www.usabilitynet.org/tools/rapid.htm
3. http://www.ischool.berkeley.edu/~minakshi/NPD/Rapid%20Prototyping.htm
4. http://www.linuxjournal.com/article/2172
5. http://www.wi3.uni-erlangen.de/anwendungen/wiwiki/wiki/Kategorie:Prototyping
6. http://en.wikipedia.org unter anderem zu Interface Design