User Interface Innovations in Mac OS X
von Tobias Konda
Der Beginn
Obwohl Apple Mitte der 90er Jahre spürbar in der Krise steckte, begann die Firma 1997 mit der Entwicklung eines komplett neuen Betriebssystems. Das Projekt mit dem Codenamen "Rhapsody" sollte den Markt revolutionieren und Apple wieder schwarze Zahlen bescheren. Vier Jahre später war es so weit: am 24. März 2001 begann der weltweite Verkauf von Mac OS X Version 10.0, auch bekannt unter dem Entwicklungsnamen "Cheetah". Cheetah überzeugte durch seine Stabilität und der Fähigkeit des Multitaskings. Aber vor allem stand "Aqua" - die neue grafische Benutzeroberfläche - im Vordergrund der Neuheiten des Betriebssystems. Dessen ungeachtet hatte Version 10.0 aber einen gravierenden Nachteil: Sie war ziemlich langsam. Erst "Puma", offiziell die Version 10.1, die im September gleichen Jahres erschien, verbesserte die Geschwindigkeit, behob mehrere Bugs und lieferte fehlende Funktionen wie einen DVD-Player nach. Im Sommer 2002 erschien mit "Jaguar" die dritte Version von Mac OS X. Der Jaguar unter den Versionen beschleunigte mit QuartzExtreme die Grafikoberfläche und stellte eine integrierte Firewall sowie viele weitere Funktionen zur Verfügung. Mac OS X v10.3 "Panther", welches am 24. Oktober 2003 eingeführt wurde, hatte wieder viele Neuheiten im Gepäck. Eine von ihnen ist "Exposé". Exposé ermöglicht dem Benutzer einen Überblick über alle geöffneten Fenster zu erhalten, indem es alle Fenster verkleinert auf dem Bildschirm anordnet. Der Panther lief fast eineinhalb Jahre bis er Ende April 2005 von der noch heute aktuellen Version 10.4, dem "Tiger", abgelöst wurde.
Die Neuheiten in Version 10.4 "Tiger"
Tiger war laut Aussagen von Apple bereits im Jahre 2005 seiner Zeit voraus und umfasst angeblich weit über 200 neue Features. Zu den neuen Funktionen gehören u. a. die schnelle betriebssystemweite und indexbasierende Suchfunktion namens Spotlight, das Dashboard, welches kleine Hilfsprogramme, auch Widgets genannt, zur Verfügung stellt sowie den Automator zur vereinfachten Zusammenstellung von AppleScripts für die Automatisierung von Aufgaben. Ebenso wurde der Apple-interne Webbrowser Safari in seiner Version 2.0 mit einer RSS-Unterstützung erweitert, der Media-Player QuickTime auf Version 7 aktualisiert, das E-Mail-Programm "Mail" erhielt Suchunterstützung von Spotlight und mit VoiceOver wurde eine Spracherkennungs-Schnittstelle für behinderte Personen entwickelt. Besonders hervorzuheben sind aber eben Spotlight, Dashboard, Automator und VoiceOver, da es solche Arten der Programme bisher in noch keinem Betriebssystem gab und diese damit eine Innovation im Bereich der Benutzeroberflächendarstellung und Anwendungsebene darstellen.
Die Suchmaschine Nach Installation von Version 10.4 unterschied sich Tiger nur in zwei Punkten vom Panther. Erstens war das Apfel-Symbol neu gestaltet worden, zweitens fiel einem eine Lupe ins Auge: Das Symbol für Spotlight. Die Funktion Suchhilfe wurde von den Softwareherstellern über Jahre vernachlässigt, nach dem Hype um Google und dessen Suchalgorithmen hat die Entwicklung um die beste Suchtechnologie auf lokaler Rechnerebene begonnen. Apple schickt mit Tiger seine Suchmaschine Spotlight ins Rennen. Spotlight ist nicht ein Programm im eigentlichen Sinne, sondern es wurde fest in den Betriebssystemkern von Mac OS X integriert. Dadurch sammelt es neben den üblichen Dateiinformationen, mit denen übliche Suchmaschinen arbeiten, auch so genannte Metadaten. Spotlight speichert diese Metadaten, also Daten über Daten, in einer eigenen Datenbank. Zudem ist die Metadatenbank mit einer zweiten Datenbank verknüpft, die Informationen über die Inhalte von Dateien abspeichert. Diese Trennung ermöglicht eine schnellere Suche, die Inhaltsdatenbank wird bei einer Inhaltssuche abgefragt, die Metadatenbank immer, selbst wenn nur Dateien verschoben oder gelöscht werden. Das heißt, die Metadatenbank wird bei Änderungen laufend aktualisiert. Die Volltextsuche allein in der Inhaltsdatenbank würde nur zu ungenügenden Ergebnissen führen, da z.B. allein das Betriebssystem unzählbar viele Textdateien enthält. Im Zusammenhang mit der Metadatenbank kann Spotlight verschiedene Filter ansetzen und die gefilterten Informationen auswerten. So enthalten z.B. PDF-Dateien Metadaten über den Verfasser, digitale Bilder Informationen über die verwendete Kamera. Hier setzt Spotlight an und liefert dem User die gewünschten Ergebnisse. Bei der Suche nach Dateien mit Spotlight gibt es keine Wartezeiten, da die Ergebnisse in Echtzeit angezeigt werden. So komplex Spotlight technisch gesehen ist, so wenig merkt davon der Nutzer. Nach Eingabe des Suchbegriffs, klappt ein neues Fenster mit den Ergebnissen auf. Nun lassen sich nicht nur die ersten Ergebnisse anzeigen, sondern diese sogar noch weiter sortieren, andere ausblenden oder noch zusätzliche Informationen anzeigen. Hinzu kommt die Vorschaufunktion für Bilder, Videos, Musik und sogar PDF-Dateien. Der Name Spotlight kommt übrigens daher, dass bei der Suche in geöffneten Fenstern, Dateien, die das Suchwort enthalten, mit einem Spotlicht optisch hervorgehoben werden.
Miniprogramme für individualisierte Informationen 2003 überraschte Steve Jobs die Apple-Fangemeinde mit Exposé; in Version 10.4 bekam die Innovation Zuwachs von Dashboard. Dashboard, zu Deutsch Armaturenbrett, das von Apple als "Exposé für Widgets" vermarktet wird, ist eine neue innovative Technologie. Widgets sind kleine Miniprogramme, die die verschiedensten Informationen auf dem Bildschirm darstellen. Die kleinen Helferlein, die via Taste ein- und ausgeblendet werden können, zeigen Aktienkurse, das Wetter am Heimatort, nur simple Notizen oder Informationen über Harry Potter, also für den User wichtige Informationen, die er schnell mal zwischendurch benötigt, ohne eine größere Anwendung zu starten. Fast alles ist vorstellbar, den Anwendern sind keine Grenzen gesetzt, da Widgets hauptsächlich auf HTML, CSS und JavaScript basieren und somit einfach zu realisieren sind. Übers Internet fragen Widgets Datenbanken ab und stellen sie auf dem Desktop dar. Ebenfalls lassen sich RSS-Abfragen einbauen oder Verbindungen zu lokalen Datenbeständen wie iTunes oder Mail herstellen. Zudem können allein auf der offiziellen Dashboard-Seite von Apple bereits bis zu 2690 Widgets kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden.
Automatismen für höheren Komfort Programme selbst zu schreiben, ist nicht jedermanns Sache, aber dennoch wünschte man sich, es gäbe für viele wiederkehrende Aufgaben, die viel Mühe und Zeit kosten, etwas, mit dem der Vorgang automatisiert werden könnte. Zu den Aufgaben gehören etwa der Import von Bildern in Apples iPhoto und das gleichzeitige Versehen der Bilder mit einem Stichwort, dass dass das spätere Aufsuchen erleichtert oder das Brennen bestimmter Dateien via iDVD auf DVD. Abhilfe schaffte Apple hier mit dem im Tiger eingeführten Automator. Dieser basiert auf der systemeigenen Skriptsprache AppleScript. Mit Automator lassen sich nun die verschiedensten Befehle mit Drag&Drop zusammenstellen und als Programm speichern. Programmierkenntnisse sind hier nicht von Nöten, um sich effiziente Helfer selbst zu kreieren. Mit Hilfe der von Apple bereits mitgelieferten Aktionen lässt sich eine Vielzahl an Aufgabenabfolgen erstellen. Diese arbeiten in Interaktion mit den im Lieferumfang enthaltenen Programmen.
Für alle Menschen gleichermaßen geeignet Barrierefreiheit gewinnt im World Wide Web immer mehr an Bedeutung, um behinderten Mitmenschen ebenfalls die Vorteile des Internet zukommen zu lassen. Bei Betriebssystemen lässt sich dies nicht so einfach umsetzen. Ansätze mit einer Bildschirmlupe oder –Tastatur gibt es, jedoch machte Apple hier mit der Technologie VoiceOver einen großen Schritt in Richtung Benutzerfreundlichkeit auf Computern für behinderte Menschen. VoiceOver ist ebenfalls fest in den Kern von Mac OS X integriert, dadurch ist z.B. eine Zusammenarbeit zwischen mehreren Mac-Benutzern gesichert, da Befehle auf deren Rechnern gleich ablaufen und so synchronisiert werden können. Hauptsächlich dient VoiceOver der Unterstützung von behinderten Menschen, in dem es ein für sie angepasstes Benutzermenü bereitstellt, Steuerung via Tastatur ermöglicht und Vorgänge auf dem Bildschirm in gesprochener Sprache durch Musikboxen ausgibt.
Neben den erwähnten Innovationen wie Spotlight, Dashboard, Automator und VoiceOver wurden in der größten Raubkatze von Apple natürlich noch viele weitere Programme wie ein integriertes Wörterbuch eingebaut, Anwendungen wie "Mail" aktualisiert und erweitert. Und obgleich Mac OS X v10.4 ein sehr stabiles wie innovatives Betriebssystem darstellt, arbeiten die Entwickler von der Firma mit dem Apfel-Logo unermüdlich an einer neuen Version ihres Betriebssystems. Und so wurde Version 10.5 "Leopard" am 7. August 2006 offiziell vorgestellt und soll im Frühjahr 2007 in den Verkaufsregalen stehen.
Bekannte Neuheiten und Weiterentwicklungen in Version 10.5 "Leopard"
Als Steve Jobs auf der World Wide Developers Conference (WWDC) im August 2006 den Leopard und dessen neuen Funktionen vorstellte, hielt sich Jobs mit Verkündung aller "Top-Secret" Funktionen zurück, um im Hinblick auf die Entwicklung von Windows "Vista" dem Konkurrenten Microsoft keine Grundlage für Kopien von Ideen zu geben. Doch die Funktionen, die der Geschäftsführer von Apple bereits der Öffentlichkeit mitteilte, können sich sehen lassen. Neben komplett neuen Innovationen im Bereich der Benutzeroberfläche werden bereits implementierte Programme und Technologien ausgebaut und modernisiert. Allen voran steht die neue Technologie "Time Machine". Es folgen weitere Anwendungen wie der virtuelle Desktop-Manager "Spaces", "Boot Camp" beendet seine Beta-Phase und wird im Leopard integriert, die Spotlight-Suche erhält eine Grunderneuerung und Überarbeitung, "iChat" und schließlich noch das E-Mail Programm "Mail" werden ebenfalls aktualisiert und bekommen weitere Funktionen.
Grafische Oberfläche erleichtert Datensicherung Heutige Datensicherung ist bei den Größen momentaner Festplatten und Datenbeständen zeit- und arbeitsaufwändig. So sichern laut Apple nur etwa 26% der Mac-User ihre Daten. Daher will Apple mit Time Machine die Datensicherung vereinfachen und beliebter machen. Bei der Zeitmaschine geht Apple wieder den gleichen Weg und integriert es direkt in den Kern von Version 10.5. Die Sicherung von Dateien und Ordnern findet nicht in Intervallen statt, sondern immer dann, wenn etwas verändert wird. Zwar ist das Verfahren durchaus bekannt und schon durch andere Programme auf Desktop-Rechnern realisiert, aber das wirklich besondere an Time Machine ist seine Oberfläche und dessen Darstellung. Bei Aktivierung verändert sich der Bildschirmhintergrund in ein Weltraum-Bild und die verschiedenen Versionen bzw. Veränderungen z.B. eines Ordners werden hintereinander dargestellt. So kann der User einfach durch die unterschiedlichen Fenster browsen und sobald er die gesuchte Datei gefunden hat, ist sie mit wenigen Mausklicks wiederhergestellt. Time Machine speichert aber nicht nur gewöhnliche Daten, sondern auch Programme, Systemeinstellungen oder Accounts und ermöglicht so eine simple Systemwiederherstellung bei Datenverlust.
Mehr Übersicht durch unterschiedliche Desktops Mit Spaces führt Apple einen virtuellen Desktop-Manager ein. Diese sind in der Unix-Welt schon länger ein gern gesehenes Feature, mit dem Leopard könnte es sich jetzt auch auf dem Mainstream-Desktop durchsetzen. Spaces ist wie Time Machine ebenfalls grafisch eindrucksvoll in Szene gesetzt. Als Desktop-Manager ermöglicht es bis zu vier virtuelle Desktops anzulegen und zu verwalten. Somit können auf den verschiedenen Desktops unterschiedliche Anwendungen laufen. Auf dem einen laufen z.B. Grafikanwendungen wie Photoshop und ImageReady, ein anderer Desktop stellt Excel und Word bereit. Spaces eignet sich somit sehr gut um bei großer Anzahl offener Programme die Übersicht zu behalten. Mit einem Mausklick lassen sich alle virtuellen Desktops anzeigen, dazu wird der aktuelle Bildschirm neu aufgebaut und in die vier virtuellen Desktops unterteilt, mit weiterem Mausklick wechselt der User zwischen den virtuellen Desktops hin und her. Zudem lassen sich sogar Applikationen von Desktop zu Desktop ziehen.
Zusätzliche Features Apple Mail erhält weitere Features und zwar lassen sich ab der Leopard-Version HTML-E-Mails Vorlagen verwenden, die Bilder enthalten. Das Besondere daran ist, dass die Bilder via Drag & Drop verändert werden können. Einfach Vorlage auswählen, eigene Bilder-Ordner öffnen und gewünschte Bilder in die E-Mail ziehen. Des Weiteren ermöglicht Mail das Anlegen, Speichern und Verwalten von Notizen und Aufgaben, die mit anderen Mac-Benutzern abgeglichen werden können. iChat wurde dahingehend erweitert, dass z.B. Filme, Präsentationen oder Diashows via Videochat zu anderen Usern übertragen werden können. Zudem erlaubt die Anwendung nun eine Art Remote-Desktop-Übertragung, d.h. der eigene Bildschirminhalt kann auf einen anderen Mac übertragen und dort angezeigt werden. Sollte der User nicht erreichbar sein, so unterrichtet der eingebaute Anrufbeantworter die Anrufenden mit Text oder Videobotschaften über die eigene Abwesenheit. Die aus Version 10.4 bekannte Spotlight-Suche kann – Berechtigungen vorausgesetzt – ab der Leopard-Version sogar andere Mac-Rechner oder Mac-Server durchstöbern. Für einen schnellen Überblick gibt es ein Preview-Feature der gefundenen Dateien und die Einführung einer umfangreicheren Syntax mit "AND", "OR" und "NOT" ermöglicht speziellere Suchanfragen. Mit Boot Camp integriert Apple ein System in Leopard, welches eine Installation von Microsoft Windows auf dem Mac erlaubt.
Fazit
Mac OS X. Eigentlich ist es nur ein Betriebssystem. Aber Apple versteht sein Handwerk und ist in der Lage die Nutzer immer wieder mit neuen Innovationen und Features zu bereichern. Wer einmal in den Genuss der wirklich gut durchdachten und vor allem gut implementierten Funktionen gekommen ist, möchte sie nicht mehr missen. Man darf gespannt sein, in wie weit sich der Leopard, der demnächst erscheinen soll bzw. darauf folgende Versionen noch weiter entwickeln und welche Funktionen Apple integriert, um den Nutzer weiterhin bei der Stange zu halten. Aber höchstwahrscheinlich wird Apple's Kampf mit Microsoft und dessen Produkt Windows die nötige Kreativität für Innovationen im Bereich der Benutzeroberfläche liefern bzw. fördern.
Quellenapfelwiki.de. Main - Mac OS X. 08.02.2007
Apple.com. Mac OS X - Vorschau auf Leopard. 08.02.2007
Galileo Design. Leseprobe: Praxisbuch Mac OS X Tiger 10.4. 08.02.2007
macprime.ch. Mac OS X - Grundlagen - Geschichte. 08.02.2007
Netzwelt.de. Mac OS X Tiger im Test: Das bessere Betriebssystem? 08.02.2007
Operating-System.org. MacOS Betriebssystem. 08.02.2007
tecCHANNEL.de. Im Zeichen des Tigers: Mac OS X 10.4. 08.02.2007
Wikipedia. Mac OS X. 08.02.2007
zdnet.de. Manege frei für Mac OS Leopard: Das sind die neuen Features. 08.02.2007